Kapitelsamt im Kölner Dom

Zehnter Sonntag im Jahreskreis

DOMRADIO.DE überträgt am zehnten Sonntag im Jahreskreis das Kapitelsamt aus dem Kölner Dom mit Domkapitular Hans-Josef Radermacher.

Blick auf den Kölner Dom / © saiko3p (shutterstock)

„Wer den Willen Gottes tut, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter.“ (Mk 3,35)

Auslegung zum Sonntagsevangelium Mk 3, 20–35
von Thomas Küttler 

Wie oft ist das schon geschehen, dass ein junger Mensch, der aus den gewohnten Bahnen aufbrach, die ihm Elternhaus und Herkommen vorschrieben, für „ausgeflippt“ erklärt, zum „Aussteiger“ gestempelt wird, den man schon um seiner selbst willen schleunigst wieder einfangen muss.

Das Gleiche widerfährt Jesus auch. Doch bei ihm hat es noch eine andere Dimension. Er, der Sohn Gottes, muss die Menschen, die ihm auf natürliche Weise nahe waren, zutiefst befremden und beunruhigen. Vielleicht steht hinter der Aktion der Angehörigen tatsächlich die gute Absicht, Jesus in den Schutz der Familie zurückzuholen, oder die Forderung, er möge sich als ältester Sohn seinen familiären Verpflichtungen stellen. Aus beidem spräche nur ihre Verständnislosigkeit, mit der sie der Sendung und dem Anspruch Jesu gegenüberstehen. Sie hatten es wohl besonders schwer, sich diesem Anspruch zu stellen. Die natürliche Nähe wird zum Hindernis und führt in die Distanz, weil aus ihr eigene Ansprüche und Vor-Urteile abgeleitet werden. Das war das Problem der Landsleute Jesu in Nazareth und im weiteren Sinne das des ganzen Volkes Israel. Ja, in gewisser Weise wiederholt sich das immer dann, wenn Menschen meinen, ein selbstverständliches Zugehörigkeitsverhältnis zu Jesus zu haben.

Aus: Magnificat. Das Stundenbuch. Juni 2024

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