Kapuziner verurteilt Spionage-Skandal um Priester in den USA

"Menschenverachtende Methoden"

Eine US-amerikanische Laienorganisation hat digitale Daten von Dating-Plattformen gekauft, um homosexuelle Geistliche ausfindig zu machen. Der Kapuzinerbruder Paulus Terwitte verurteilt das Vorgehen als verwerflich und unchristlich.

Holzkreuz auf einer Tastatur / © Tamisclao (shutterstock)
Holzkreuz auf einer Tastatur / © Tamisclao ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Die Laienorganisation "Catholic Laity and Clergy for Renewal" ist in den USA als gemeinnützige Organisation anerkannt. In deren Statuten steht, es gehe darum, das Engagement des römisch-katholischen Klerus' zu unterstützen und die Lehren der Kirche zu leben. Nun hat sich die Organisation selbst auf die digitale Suche begeben, sich selbst beauftragt, homosexuelle Priester ausfindig zu machen und deren Namen auch öffentlich zu machen. Wie bewerten Sie das aus ethischer Sicht?

Bruder Paulus Terwitte im Portrait / © Norbert Demuth (KNA)
Bruder Paulus Terwitte im Portrait / © Norbert Demuth ( KNA )

Bruder Paulus Terwitte (Kapuzinermönch und Ethik-Experte): Das geht überhaupt nicht. Denn im Evangelium geht es ja darum, dass wir die Persönlichkeit des einzelnen Menschen ernst nehmen und die Personenwürde wahren. Dazu gehört, dass sich jeder in seiner Weise entfalten kann, wie er das möchte. Und zwar ohne dabei kontrolliert zu werden, das ist ganz wichtig. Das Postgeheimnis oder das Briefgeheimnis, all das steht in unserem Grundgesetz. Deswegen finde ich es sehr verwerflich, eine Art Spionage zu betreiben und dann am Ende mit mittelalterlichen Methoden Priester an den Pranger zu stellen. 

Bruder Paulus Terwitte (Kapuzinermönch und Ethik-Experte)

"Ich finde es sehr verwerflich, eine Art Spionage zu betreiben und dann am Ende mit mittelalterlichen Methoden Priester an den Pranger zu stellen."

DOMRADIO.DE: Die Washington Post hat nach eigenen Angaben über anonyme Mittelsmänner Einblick in die Praktiken dieser Gruppe gewonnen. Die bewertet das Vorgehen der Aktivisten als Bespitzelung und Nötigung, was die Beziehung zwischen Priestern und Bischöfen und der Kirche schade. Wie schätzen Sie das ein? 

Bruder Paulus: Ich denke, dass es Menschen gibt, die glauben, sie hätten die katholische Lehre gefressen und die jetzt anfangen, solche unerlaubten Mittel zu benutzen. Das kann ich zwar aus deren Sicht verstehen, aber die sollten sich mal fragen, was sie eigentlich in ihren eigenen Reihen zu bespitzeln und aufzuzeichnen hätten.

Wenn sie sich mal in ähnlicher Weise gegenseitig bespitzeln würden, würden sie sehen, dass es im menschlichen Miteinander so nicht geht. Sie schaden damit dem Miteinander in der ganzen Kirche, wenn es keine Privatsphäre mehr gibt. 

DOMRADIO.DE: Sie berufen sich auf ihre Statuten und behaupten, dass sie das Engagement des römisch-katholischen Klerus unterstützen wollen. Aber es ist auch ein Widerspruch, wenn dazu andere Menschen ausspioniert werden, richtig? 

Bruder Paulus: Ich glaube, dass die Unterstützung der Priester, Diakone und Bischöfe in der Kirche, die ja zum Klerus gehören, eine super Sache ist, gar keine Frage. Aber doch nicht mit solchen Methoden, dass man Leute ausspioniert und ausspitzelt.

Stattdessen muss sich die Kirche und müssen sich auch die Laien fragen: "Wie können wir das Evangelium und das Wirken Christi in dieser Zeit  so attraktiv gestalten und sichtbar machen, dass andere überzeugt werden?"

Aber solche Methoden, die aus finsterster Zeit kommen und die wir im Kommunismus kennengelernt haben, wo Christen genügend unter Bespitzelung gelitten haben, müssen unbedingt abgelehnt werden.

DOMRADIO.DE: Sind diese Methoden unchristlich? 

Bruder Paulus: Das kann man so sagen. Es ist unchristlich, weil es die Personenwürde des Menschen nicht achtet. Und ich glaube, da sollten wir vorderster Stelle stehen. Wer andere Staaten ständig verdächtigt und anklagt, dass sie Christen hinterher spitzeln, sollte nicht selber den eigenen Mitgliedern hinterher laufen. So geht das einfach nicht. 

DOMRADIO.DE: Der Generalsekretärs der US-Bischofskonferenz, Monsignore Jeffrey Burrill, musste von seinem Amt zurücktreten, weil ihm nachgewiesen worden ist, dass er sich in der homosexuellen Szene aufhielt. In den Statuten dieser benannten Laienorganisation steht, dass sie in öffentlichem Interesse handele. Wurde das öffentliche Interesse nicht eher verletzt? 

Bruder Paulus: Das öffentliche Interesse muss sein, dass wir als Menschen miteinander nach ethischen Grundsätzen leben, die die Privatsphäre des Einzelnen in den Vordergrund stellt. Die Kirche sollte stark genug sein, wenn solche Diffamierungen kommen, mit den Betroffenen ins Gespräch zu gehen. Erst wenn die Betroffenen sich äußern und äußern wollen, dann kann die Kirche auch reagieren.

Bruder Paulus Terwitte (Kapuzinermönch und Ethik-Experte)

"Wir sollten als erste einen guten Umgang damit pflegen, dass Menschen einfach fallen können und auch wieder aufstehen dürfen."

Solche unlauteren und mit menschenverachtenden Methoden gewonnenen Erkenntnissen sollten in der Kirche auch nicht zu irgendwelchen Konsequenzen führen. Dass der Mensch ein Sünder und eine Sünderin ist, wissen Laien wie Priester. Wir sollten als erste einen guten Umgang damit pflegen, dass Menschen einfach fallen können und auch wieder aufstehen dürfen. 

DOMRADIO.DE: Wie geht die USA jetzt mit der Situation um? 

Bruder Paulus: Ich denke, hier muss man sich fragen, ob solche Leute noch Mitglieder der katholischen Kirche sein können. Ich möchte das auf gar keinen Fall. Wenn Menschen anderen hinterher spitzeln, die Kommunikation der Christen untereinander stören und die sich sozusagen selbst aus der Gemeinschaft der Kirche exkommunizieren, dann sollten Bischöfe klare Worte sprechen, was noch katholisch ist und was nicht. 

Das Interview führte Dagmar Peters.

Quelle:
DR