Kardinäle in Venezuela erheben schwere Vorwürfe

Chavez bastelt sich linientreue Kirche

An jedem Sonntag feiern sie Messe, spenden Sakramente und verfügen über Priester und eigene Bischöfe: Die sogenannte "Iglesia Catolica Reformada" Venezuelas sieht sich als eine "katholische Alternative" zur Amtskirche und bekennt sich zum sozialistischen Regime von Staatspräsident Hugo Chavez. Der greift nach Angaben der verärgerten Bischofskonferenz in Caracas für die linientreue Splittergruppe tief in die Tasche.

Autor/in:
Tobias Käufer
 (DR)

Erzbischof Roberto Lückert Leon wirft der Chavez-Regierung vor, als «Hauptsponsor» der neuen Gruppierung zu fungieren. Praktisch bedeute dies: Unterstützt einer der Geistlichen der «reformierten katholischen Kirche» eine Regierungsveranstaltung, bezahle Caracas «Flüge und Hotelunterkünfte», so der Stellvertretende Vorsitzende der Venezolanischen Bischofskonferenz.

Kardinal Jorge Urosa Savino, einer der schärfsten Kritiker von Chavez, wählte deshalb deutliche Worte, um sich von den selbst ernannten Reformern abzugrenzen: «Die wahre Kirche Jesu Christi ist politisch unabhängig und besitzt auch kein Parteibuch.»

Zwar verfügt die «Reformkirche» im tief katholischen Venezuela über keinen wirklich nennenswerten Rückhalt. Doch immerhin verweisen die Gründer auf fünf Pfarreien im Departament Zuila, zu denen bereits 2.000 Gläubige zählten. Schon bald sollen es acht Gotteshäuser sein, in denen sich die Anhänger treffen können; und in den Städten Maracay, Valencia und Trujillo seien bereits Vorbereitungen getroffen, die Reformkirche auch dort fest zu verankern.

Kirche mit eindeutiger politischer Stellung
Deren Geistliche sollen heiraten können, eine Familie gründen und sich vor allem politisch klar positionieren - was einer «Pro-Chavez-Ausrichtung» gleichkommt. Entsprechend fällt das Vokabular der «Chavistas» aus: Bolivarisch und antiimperialistisch sei die «Kirche der Armen», die bereits über eine eigene, ganz in rot-grün gehaltene Webseite verfügt - inklusive «You Tube»-Video.

Der lose Zusammenschluss ehemaliger katholischer Priester, lutherischer und anglikanischer Geistlicher existiert schon seit über einem Jahr. Vor einigen Tagen folgte nun aber die offizielle Gründung der chaveztreuen Gruppierung. Deren führender Kopf Enrique Albornoz Cano beugt sogleich allen Vorwürfen vor: «Wir haben uns nicht mit Präsident Chavez getroffen, und die Regierung hat uns auch nicht aufgefordert, tätig zu werden», beteuert der «Bischof» in einem Interview der kolumbianischen Tageszeitung «El Tiempo». Man habe «nie erklärt, dass diese Kirche sozialistisch oder gar kommunistisch ist, sondern lediglich bolivarisch und nationalistisch».

Wenn die Mikrofone der Journalisten aus sind, machen die Vertreter der «Reformkirche» allerdings keinen Hehl aus ihrer politischen Überzeugung. Chavez sei der wahre Vertreter der Kirche der Armen, heißt es dann. Ein kleines Stückchen Befreiungstheologie passt eben auch in die publikumswirksame Imagebildung.

Die Venezolanische Bischofskonferenz reagiert verärgert. Erzbischof Ubaldo Ramon Santana aus Maracaibo, der Hauptstadt des in einigen Teilen abtrünnigen Departaments Zuila, bittet die Gläubigen, sich «von dieser Gruppierung nicht verwirren zu lassen, deren Anmaßung respektlos und betrügerisch» sei. Die Kritik hinterlässt bei der Reformkirche Spuren: «Man hat uns schon als Kirche des Teufels bezeichnet, dabei wollen wir nur neue pastorale Sichtweisen eröffnen», beschwichtigt Albornoz.

Erzbischof Lückert will den Beteuerungen keinen Glauben schenken -und verweist stattdessen auf ein einheitliches Meinungsbild in Kirchenkreisen: «Nicht nur die katholische Kirche hat ihre Ablehnung formuliert, auch die Lutheraner und Anglikaner haben ihre Missbilligung zum Ausdruck gebracht.» Fest steht, dass sich die Frontstellung von Kirche und Regierung durch die Neugründung verfestigt.