Kardinal aus Papua-Neuguinea: Auswirkungen "real und furchtbar"

"Wahnsinnig wütend" auf Klimawandel-Zweifler

Kardinal John Ribat aus dem pazifischen Inselstaat Papua-Neuguinea wird "wahnsinnig wütend", wenn er Ansichten hört, die den Klimawandel anzweifeln. Das erklärt er im Interview.

Earth Day zur Stärkung der Wertschätzung von Umwelt und Natur / © Zhao Yuguo (dpa)
Earth Day zur Stärkung der Wertschätzung von Umwelt und Natur / © Zhao Yuguo ( dpa )

KNA: Herr Kardinal, manche Menschen sagen, Klimawandel ist ein Thema der Zukunft. Was ist es für Sie?

Kardinal Ribat: Für uns ist der Klimawandel nicht mehr etwas, das wir irgendwann erwarten. Er geschieht jetzt. Er ist bereits eine Realität für uns in der Gegenwart. Für uns ist es eine Frage von Leben und Tod. Zu sehen, wie das Meer immer näher kommt, ist wirklich furchterregend.

KNA: Trotz wissenschaftlicher Erkenntnisse bezweifeln immer noch manche Politiker den Klimawandel, etwa US-Präsident Donald Trump. Was denken Sie über eine solche Haltung?

Ribat: Wenn man von einer Insel kommt und sieht, was uns bereits betrifft und von Auffassungen hört, dass der Klimawandel nicht wahr sei oder nicht hauptsächlich von den Industrieländern verursacht werde, dann werden wir wahnsinnig wütend. Wenn Sie auf einer kleinen Insel leben - und manche Insel kann man in 30 Minuten zu Fuß einmal umrunden - dann können sie nicht vor dem Wasser weglaufen wie auf einem Kontinent. Das Wasser kommt einfach rein und überschwemmt die ganze Insel. Sie können es nicht stoppen.

KNA: In Papua-Neuguinea steigt seit Anfang der 1990er Jahre der Meeresspiegel jährlich um etwa sieben Millimeter. Das Problem ist eigentlich seit längerem messbar. Fühlen Sie sich manchmal im Stich gelassen?

Ribat: Wir fragen uns: Wer hört uns wirklich zu? Wer hört unseren Schrei? Wer wird uns helfen?

KNA: Sie sind auch Präsident der Föderation der katholischen Bischofskonferenz von Ozeanien (FCBCO), haben also einen Überblick über diese pazifischen Inselregion, die zwölf Millionen Einwohner in 22 Staaten und Territorien umfasst - meist auf kleinen Inseln. Wie viele Inseln sind gerade dabei, wegen des steigenden Meeresspiegels zu verschwinden?

Ribat: Die Carteret-Inseln zum Beispiel, oder auch Kiribati oder Tuvalu - insgesamt bis zu zehn Inseln.

KNA: Was muss geschehen?

Ribat: Das ist eine Herausforderung für die ganze Welt und für uns alle. Wir müssen jetzt handeln, denn der ansteigende Meeresspiegel wartet nicht auf uns. Er steigt einfach immer weiter. Und wir sehen, wie das Wasser kommt, und Teile des Landes einfach wegschwemmt.

KNA: Die Bischofskonferenz von Ozeanien fordert, die Erderwärmung in diesem Jahrhundert auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen. Ist das realistisch? Manch ein Land scheint auch mit zwei Grad als maximal akzeptablem Temperaturanstieg zufrieden zu sein.

Ribat: Wir fordern weiterhin die 1,5 Grad. Aus unserer Sicht ist das realistisch. Auch die internationale Klimakonferenz in Paris hat sich darauf verständigt, dieses 1,5-Grad-Ziel anzustreben, indem die Treibhausgas-Emissionen entsprechend reduziert werden.

KNA: Sie wurden im November 2016 von Papst Franziskus zum Kardinal ernannt, als erster Kardinal Papua-Neuguineas. Franziskus versteht offenbar die großen Gefahren des Klimawandels, wie in seiner Umweltenzyklika «Laudato si» deutlich wird. Aber ist die Kirche hier laut genug?

Ribat: Das Verständnis der Kirchen darüber ist von Land zu Land unterschiedlich. Was noch bei manchen Kirchenleuten fehlt, ist die volle Akzeptanz, dass der Klimawandel tatsächlich real ist und entsprechend gehandelt werden muss.

KNA: Immerhin droht ein einzigartiges Ökosystem zu verschwinden - oder man könnte auch sagen, ein Teil der Schöpfung geht unwiederbringlich verloren ...

Ribat: Ja genau, darum geht es letztlich. Wir haben kein großes Land, nur diese kleinen Inseln, von denen wir kommen und deren Teil wir sind. Deswegen hoffen wir, dass unser Schrei gehört wird.

Das Interview führte Norbert Demuth.


John Ribat / © Cristian Gennari (KNA)
John Ribat / © Cristian Gennari ( KNA )
Quelle:
KNA