Die Regierung müsse jedem Inder unabhängig von seiner Religion einen Platz zum Leben in Indien garantieren. So stehe es auch in der Verfassung. Der Großerzbischof berichtete, es gebe in seiner Heimat körperliche Gewalt und Schikanen von hinduistischen Fundamentalisten gegenüber Christen. Allerdings sei die Mehrzahl der Hindus offen und friedliebend: "Sie sind vor allem unsere Beschützer." Die Fundamentalisten seien nur eine kleine Gruppe. Doch diese dürfe die Religion nicht politisch vereinnahmen, um Macht zu gewinnen. Sonst führe dies zur Geringschätzung von Minderheiten.
Öffnung Saudi-Arabiens begrüßenswert
Zudem äußerte sich Thottunkal zur Lage christlicher Inder auf der arabischen Halbinsel, wo viele dieser Menschen als Arbeiter leben. Insgesamt sei die Situation gut, gerade die derzeitige Öffnung Saudi-Arabiens sei begrüßenswert. "Es gibt einen Anstieg von wechselseitigem Verständnis."
Der Kardinal besucht derzeit seine Gemeinden und kirchlichen Partner in Westeuropa. Bis Februar war er Vorsitzender der gesamtindischen katholischen Bischofskonferenz. Die syro-malankarische Kirche ist die katholische Ostkirche der indischen Thomaschristen. Sie zählt rund eine halbe Million Gläubige - davon einige Hundert in Deutschland - und geht auf den Apostel Thomas zurück. Dieser soll etwa um das Jahr 70 nach Christus nach Südindien gekommen sein.
Zwei Prozent Christen
Insgesamt leben in Indien etwa 28 Millionen Christen. Sie machen rund zwei Prozent der Bevölkerung aus, ungefähr 80 Prozent sind Hindus. Indien ist laut Verfassung von 1950 eine säkulare und plurale Demokratie. Das Land und inzwischen auch die meisten der Bundesstaaten werden seit 2014 von der hindunationalistischen "Indischen Volkspartei" (BJP) regiert. Seitdem hat die Gewalt radikaler Hindugruppen gegen die muslimische und die christliche Minderheit zugenommen. Mit besonderer Sorge verfolgen Menschenrechtler und Kirchen, wie die mit der BJP verknüpfte extremistische Hindu-Bewegung RSS an Einfluss gewinnt.