Er habe Schäuble "seit Jahrzehnten als erfahrenen, besonnenen Politiker erlebt," sagte Kardinal Lehmann in einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Schäuble könne aber "selbstverständlich nicht öffentlich alles sagen", was er im Hinblick auf mögliche Gefährdungen wisse. Gleichzeitig machte sich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz für Demonstrationen vor dem G-8-Gipfel stark, besonders um von den Industriestaaten einen höheren Anteil an Entwicklungshilfe einzufordern.
Wer demonstriert, muss sich "glasklar von Gewalt distanzieren"
Die Industrienationen müssten ihre Versprechungen "endlich einhalten und beispielsweise den Anteil von 0,7 Prozent am Bruttosozialprodukt für die Entwicklungshilfe zahlen," betonte Kardinal Lehmann. Für diese Forderung seien die G-8-Staaten der richtige Adressat. An den Veranstaltungen im Umfeld des Gipfeltreffens sind kirchliche Gruppen maßgeblich beteiligt. So ist zum Beispiel im nahegelegenem Doberaner Münster eine Friedensaktion geplant. Am 3. Juni, dem Sonntag vor Beginn des G8-Gipfels in Heiligendamm, sollen im Gotteshaus 30 000 Kerzen angezündet werden.
Eine klare Absage erteilte Lehmann aber gewalttätigen Demonstranten. Er betonte, wer demonstriere, müsse sich "glasklar von jeder Gewalt distanzieren". Dies sei im Augenblick das große Problem. "Es besteht die Gefahr, dass sich kleinere Gruppen, die der Gewalt nicht eindeutig abschwören, in größeren Netzwerken verstecken." Darum bedauere er zwar die "martialischen Absperrungen in Heiligendamm", zeigte aber für das Vorgehen von Schäuble Verständnis.
BUND: keine Anzeichen für gewaltbereite Menschen beim G8-Gipfel
Auf Unverständnis treffen Schäubles Sicherheitsmaßnahmen dagegen beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Gerhard Timm, Geschäftsführer des BUND, hatte sich gegen überzogene Sicherheitsmaßnahmen gewandt: "Wir brauchen keinen Zaun und keine DNA-Proben." Es gebe "keinerlei Anhaltspunkte, dass gewaltbereite Menschen den Gipfel für ihre Zwecke instrumentalisieren wollen," sagte Timm.
Kritik war im Vorfeld des G8-Gipfels vor allem wegen der Entnahme von sogenannten Geruchsproben einzelner Verdächtiger zur Identifizierung von gewalttätigen Globalisierungsgegnern entbrannt. Ein weiterer Streitpunkt ist der rund zwölf Kilometer lange Sicherheitszaun, der die Gipfelteilnehmer von der Umwelt abgrenzt. Bundeswehrsoldaten haben nun auch eine Sperre aus NATO-Draht errichtet, mit dem der G8-Tagungsort zusaetzlich zum Sicherheitszaun geschuetzt wird. Den Waldgebieten rund um den Sperrzaun will die Polizei besondere Aufmerksamkeit schenken.
Kardinal Lehmann stärkt Bundesinnenminister den Rücken
Verständnis für "martialische Absperrungen"
"Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser Mann leichtsinnig handelt," sagte Kardinal Karl Lehmann über Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und verteidigte die Sicherheitsmaßnahmen rund um den G8-Gipfel. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz bedauert zwar die "martialischen Absperrungen" in Heiligendamm, zeigt aber Verständnis für Schäubles Vorgehen.
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