Beim pfälzischen Ökumenischen Kirchentag sagte Lehmann am Pfingstsamstag in Speyer, trotz aller Erfolge gebe es Hindernisse für die Einheit der christlichen Kirchen. Lehmann bekannte, er selbst habe mit Blick auf eine Einheit nie eine "Naherwartung" gehabt, auch wenn er den Einsatz für das Zusammenwachsen der Kirchen als "ganz vordringliche Aufgabe" ansehe.
Lehmann nannte "drei Brennpunkte": Das Fehlen vollwertiger gemeinsamer Gottesdienste an Sonn- und Feiertagen, die kirchliche Anerkennung und seelsorgliche Begleitung konfessionsverschiedener Ehen sowie die fehlende gegenseitige Einladung zum evangelischen Abendmahl und zur katholischen Eucharistie. Die Tragik der Kirchenspaltung zeige «gerade im Persönlichsten, wie es Ehe und Familie darstellen, ihre stärkste Macht».
Warnung vor Resignation
Der Kardinal kritisierte, dass es "eine falsche Höflichkeit" gebe. Unangenehmen Wahrheiten sei man aus dem Weg gegangen, und das gemeinsam Erarbeitete sei nicht energisch umgesetzt worden. Lehmann wörtlich: "Je geringer die Differenzen geworden sind, umso schwieriger kann der Dialog werden." Zugleich warnte Lehmann vor "Resignation, weil der ökumenische Frühling vorüber" sei. Es gehöre zur Nüchternheit und Glaubwürdigkeit ökumenischer Arbeit, "dass man sich des bleibenden Wegcharakters bewusst sein muss". Enttäuschungen und manchmal rückläufige Tendenzen seien unvermeidlich.
Einen Riss macht Lehmann in jüngster Zeit mit Blick auf bioethische Verlautbarungen aus. Dies betrifft vor allem die embryonale Stammzellforschung. Auch die ethische Wertung der Assistenz beim selbstgewählten Freitod könne zum Problem werden. Lehmann äußerte sich allerdings hoffnungsvoll, "manche Missverständnisse beseitigen zu können".