Kardinal Marx für Einführung einer Lohnuntergrenze

Mit Blick auf Leipzig

In die Debatte um einen Mindestlohn hat sich nun auch Kardinal Marx eingeschaltet: Der Erzbischof von München und Freising befürwortet die Einführung einer Lohnuntergrenze. Zusätzlich fordert er vor dem CDU-Bundesparteitag in Leipzig weitere Schritte in der Familien- und Bildungspolitik.

 (DR)

Allen Menschen müsse gemäß ihren Möglichkeiten eine Teilhabe eröffnet werden, schreibt Marx in einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" am Freitag. Einer christlich inspirierten Politik müsse es um "Armutsüberwindung und Chancengerechtigkeit" gehen. Marx ist auch Vorsitzender der Kommission für Gesellschaftliche und Soziale Fragen der katholischen Deutschen Bischofskonferenz.



Eine Lohnuntergrenze könne dazu beitragen, prekäre Arbeitsverhältnisse zu verhindern und die Würde der menschlichen Arbeit deutlich machen, ist der Kardinal überzeugt. Sollte in diesem Sinne auf dem am Sonntag beginnenden CDU-Bundesparteitag in Leipzig ein politisches Signal gesetzt werden, sei das "aus Sicht der katholischen Soziallehre zu befürworten". Mit Blick auf die Tarifautonomie solle aber eine staatliche Festsetzung wie bei den bisherigen branchenspezifischen Mindestlöhnen "nur dort erfolgen, wo die Tarifpartner nicht in der Lage sind, Entgelte zu finden, die das Existenzminimum garantieren".



Eine solche Regelung dürfe aber nicht dazu führen, dass ganze soziale Gruppen mit einem Mindestlohn "abgespeist" würden, betont Marx. Nötig seien weitere Anstrengungen, um Arbeitslosigkeit zu überwinden und eine Beteiligungs- und Chancengerechtigkeit zu verwirklichen. Der Mindestlohn sei kein "Allheilmittel". Auch dürfe er nicht zu hoch festgelegt werden, damit er bestehende Arbeitsverhältnisse nicht verdränge, warnt der Kardinal. Denn dann kosteten die Beschäftigten das Unternehmen mehr, als sie erwirtschafteten. Sei er aber zu niedrig, verfehle er sein Ziel.



Familien- und Bildungspolitik im Mittelpunkt

Der Mindestlohn könne letztlich nur das Auskommen eines Arbeitnehmers, aber nicht einer gesamten Familie sicherstellen, gibt der Kardinal zu bedenken. Deshalb müsse sich der Blick auf ein Mindesteinkommen richten, das auch soziale Transferleistungen beinhalte, die die Situation von Familien berücksichtigen. Vordringliches Ziel müsse bleiben, "die Aufnahme eines sozialversicherungspflichtigen Normalarbeitsverhältnisses zu ermöglichen". Für gering Qualifizierte oder vielfältig Beeinträchtigte könne es aber zielführend sein, durch Zuschüsse zu den Lohnkosten Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen, so Marx.



Die Sozial- und Arbeitspolitik muss nach Meinung des Kardinals heute bei der Familien- und Bildungspolitik ansetzen. Wer Kinder zur Selbstständigkeit und zur Übernahme von Verantwortung befähigen wolle, habe ihnen frühzeitig eine entsprechende Erziehung und Bildung zu gewährleisten. Dies sei zuerst die Aufgabe der Eltern, von denen die meisten diese Aufgabe mit Bravour leisteten. Die Politik darf aber nach den Worten von Marx nicht die Augen davor verschließen, "dass zu viele Eltern die Bedeutung von früher Förderung nicht erkennen". Daher seien hilfreiche Unterstützungsangebote zu machen.