Bei der Veranstaltung der Unionsfraktion im Bundestag sagte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz am Montag, die Wirtschaft müsse wieder den Menschen in den Mittelpunkt rücken und dem Gemeinwohl dienen. "Ein Kapitalismus, der um sich selbst kreist, ist nicht akzeptabel", sagte der Münchner Erzbischof Reinhard Kardinal Marx in Berlin.
"Die Welt gehört allen Menschen"
Vor 125 Jahren, am 15. Mai 1891, hatte Papst Leo XIII. mit der Sozialenzyklika "Rerum Novarum" umfassend Stellung zur sozialen Frage bezogen. Entgegen der Forderung der sozialistischen Bewegung sprach sich die Kirche damals klar für die Bewahrung des Privateigentums unter Berufung auf das Naturrecht aus.
Kardinal Marx zitierte in diesem Zusammenhang Thomas von Aquin: "Der Mensch ist erst frei, wenn er über sein eigenes Leben Herr ist." Allerdings sei die Botschaft im Christentum auch, dass Eigentum nicht grenzenlos sein könne. "Die Welt gehört allen Menschen, und alle müssen ihren gerechten Anteil bekommen", sagte der Münchner Erzbischof.
Diskussion über Staat-Wirtschaft-Verhältnis an
Papst Leo XIII. habe schon zum Ende des 19. Jahrhunderts einen gerechten Lohn für jeden Arbeiter gefordert und gesagt, der Staat müsse den Arbeitgebern dafür einen gesetzlichen Rahmen geben. Die Weiterentwicklung dieser Idee habe in Deutschland zur Entstehung der sozialen Marktwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg geführt. Das Verhältnis von Staat und Wirtschaft müsse auch heute wieder diskutiert werden, sagte Marx.
Insgesamt sollten Arbeit und Kapital wieder in ein anderes Verhältnis gesetzt werden, forderte er. Die Finanzkrise im Jahr 2008 habe gezeigt, dass dieses Problem noch nicht endgültig gelöst sei. Aufbauend auf der christlichen Soziallehre sei das Ziel "eine soziale Marktwirtschaft, die auf globaler Ebene möglich ist", erklärte Marx.
Marx: Integration bedeutet Teilhabe
Weiter äußerte sich Marx auch zur Integration von Flüchtlingen. Sie müsse gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen und dem Einzelnen helfen, seine Begabungen einzubringen, sagte der Erzbischof. Dabei wandte er sich gegen ein paternalistisches Verständnis von Integration im Sinne von Bevormundung und Unterordnung. Weltweit gebe es offenbar wieder eine Sehnsucht danach, kritisierte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. "Da müssen wir Acht geben, dass wir dem nicht nachlaufen."
Der Fraktionsvorsitzende der Union, Volker Kauder (CDU), sieht deutsche Christen über die Landesgrenzen hinaus in der Verantwortung. "Rerum Novarum" habe auf eine schwierige soziale Frage mit der Würde des Menschen eine Antwort gefunden. Auch der Vorsitzende des Arbeitskreises Evangelischer Unternehmer, Peter Barrenstein, würdigte die Schrift. Die politischen Parteien und die Kirchen seien gefragt, zu diesem Thema Leitbilder zu entwickeln, sagte er.