Kardinal Parolin erwartet keine Kehrtwende in der Kirche

Auch mit dem Nachfolger von Franziskus nicht?

Was kommt in der katholischen Kirche nach Papst Franziskus? Die Frage bewegt nicht nur viele Vatikan-Beobachter. Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hat sich jetzt dazu geäußert. Die Richtung ist aus seiner Sicht eindeutig.

Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin / © Dalati & Nohra (dpa)
Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin / © Dalati & Nohra ( dpa )

Die von Papst Franziskus angestoßenen Veränderungen in der katholischen Kirche werden nach Aussage der Nummer zwei im Vatikan in der Zukunft nicht zurückgenommen.

Bei einer Buchvorstellung in Rom antwortete Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin am Mittwochabend auf die Frage: "Was wird aus den von Papst Franziskus auf den Weg gebrachten Reformen?" mit den Worten: "Zu dieser Frage gesellt sich eine weitere, die für manche wie eine Drohung und für andere wie eine Illusion klingt: Gibt es das Risiko einer Kehrtwende?"

Zitat aus Jakobusbrief als Antwort

Als Antwort auf diese Frage zitierte Parolin, der in italienischen Medien als möglicher Nachfolger von Papst Franziskus gehandelt wird, den Jakobusbrief aus dem Neuen Testament. Darin heißt es: "Darum, Brüder und Schwestern, haltet geduldig aus bis zur Ankunft des Herrn! Siehe, auch der Bauer wartet auf die kostbare Frucht der Erde, er wartet geduldig auf sie, bis Frühregen oder Spätregen fällt."

Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Parolin erinnerte an die Entscheidungsmethode, mit welcher Papst Franziskus seine Reformen begründet hatte. Er betonte: "Die Unterscheidung ist nicht bloß eine Intuition, sondern die Frucht eines beständigen Gebets im Geist, und sie wird uns zeigen - in den längeren Zeiträumen jener, die wissen, wie man sich in Geduld übt - wie man weitermachen soll und was (davon) institutionalisiert werden soll. Gerade weil der (Heilige) Geist am Werk ist, wird es keine Kehrtwende geben können."

Über die Worte des Kardinals berichtete das offizielle Portal Vatican News nach der Buchvorstellung am Mittwochabend ungewöhnlich ausführlich. Sie fand im italienischen Kulturministerium in Rom statt. Vorgestellt wurde das Buch "Cinque domande che agitano la chiesa" (Fünf Fragen, die die Kirche bewegen) des Vatikan-Experten der Fernsehanstalt RAI, Ignazio Ingrao.

Blick auf gegenwärtigen Zustand der katholischen Kirche

Parolin äußerte sich dabei auch zum gegenwärtigen Zustand der katholischen Kirche. Mit Verweis auf die Erzählung vom Boot im Seesturm im Matthäusevangelium merkte er an: "Jeder Übergang, auch historisch, ist voller Widrigkeiten. Die Schwierigkeiten können nicht nur als Sturm und als Gefahr interpretiert werden, sondern auch als Chance; dies gehört zur weisen Pädagogik Gottes, mit der er uns erzieht, damit wir reifen und und uns weiterentwickeln."

Weltsynode im Vatikan / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Weltsynode im Vatikan / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Zur Frage nach der künftigen Rolle der Frauen in der Kirche bemerkte Parolin, bei der im Oktober bevorstehenden zweiten Phase der Weltsynode im Vatikan werde sich der Fokus auf die Beziehung zwischen der Synode auf weltkirchlicher Ebene und den "Fragen und Erwartungen" richten, die "aus den synodalen Prozessen der einzelnen Ortskirchen hervorgehen". Inhaltlich machte er dazu keine weiteren Angaben.

Kardinalstaatssekretär

Der Kardinalstaatssekretär, amtlich Staatssekretär Seiner Heiligkeit, steht dem Staatssekretariat des Heiligen Stuhls vor, welches das wichtigste Dikasterium der römischen Kurie ist und darum grundsätzlich auch von einem Kardinal geleitet wird, weshalb sich auch die Bezeichnung Kardinalstaatssekretär im Deutschen durchgesetzt hat. Falls das Amt des Kardinalstaatssekretärs vakant wird, wird gelegentlich auch (vorübergehend) ein Pro-Staatssekretär (der noch kein Kardinal ist) vom Papst ernannt.

Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin bei einem Symposium am 30. Juni 2021 in der Apostolischen Nuntiatur in Berlin. / © Grodon Welters (KNA)
Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin bei einem Symposium am 30. Juni 2021 in der Apostolischen Nuntiatur in Berlin. / © Grodon Welters ( KNA )
Quelle:
KNA