DOMRADIO.DE: Herr Kardinal, ein freudiges Ereignis steht an: Mitten in Bonn steht das Bonner Münster. Das ist aufwendig in den letzten Jahren renoviert worden. Und Sie feiern jetzt am Sonntag ein großes Pontifikalamt im Rahmen der Einweihung. Worauf freuen Sie sich besonders?
Rainer Maria Kardinal Woelki (Erzbischof von Köln): Zunächst freue ich mich natürlich, dass das Bonner Münster so toll restauriert worden ist. Das ist ja ein Wahrzeichen für die Stadt, das ist ein Identifikationspunkt für die Stadt Bonn, für die Bürgerinnen und Bürger. Das ist quasi das Zentrum von Bonn, ein kulturgeschichtliches Zentrum, das geistliche, das spirituelle Zentrum. Deshalb ist das auch eine der wichtigsten Kirchen und der wichtigsten Orte in unserem Erzbistum. Ich freue mich für die Bonnerinnen und Bonner, dass ihre Münsterkirche jetzt wiederhergestellt ist.
DOMRADIO.DE: So eine Renovierung ist sehr kostspielig. Hat sich das Erzbistum an den Kosten beteiligt?
Woelki: Natürlich. Aber vor allen Dingen haben sich die Bonnerinnen und Bonner daran beteiligt. Ich finde das großartig und bin total überrascht und begeistert davon, dass die Bonnerinnen und Bonner selber in Eigenmitteln fast zwei Millionen Euro an Spenden aufgebracht haben. Das zeigt, wie wichtig ihnen diese Kirche ist.
Da hat sich das Erzbistum dann natürlich auch dran beteiligt. Wir haben aus Kirchensteuermitteln noch einmal 19,2 Millionen Euro mit dazu beigetragen, sodass die Kosten von gut 22 Millionen Euro dann zu stemmen waren. Aber dieser Eigenanteil ist sicherlich nicht hoch genug einzuschätzen.
DOMRADIO.DE: Die Kosten sind das eine, aber die Menschen, die dahinter sind, das andere. Was sagen Sie denen?
Woelki: Dass das überhaupt gelungen ist, dafür sind ganz viele Menschen verantwortlich. Das fängt bei den Leuten an, die in der Münsterpfarrei Verantwortung getragen haben und ganz konkret vor Ort auch ehrenamtlich mitgearbeitet haben, dass dieses Projekt überhaupt gelingen konnte. Da sind die Architekten, da ist der Stadtdechant, der Pfarrer der Münsterkirche, Wolfgang Picken, der sich da mit viel Herzblut hineingegeben hat.
Da ist Wilfried Schumacher, der als ehemaliger Pfarrer am Bonner Münster das Ganze mit angestoßen hat, mit auf den Weg gebracht hat, der am Anfang unendlich viel Herzblut da reingegeben hat. Gerade Wolfgang Picken und auch Wilfried Schumacher bin ich persönlich sehr, sehr dankbar.
Da gehört sicherlich auch Markus Bosbach hier im Generalvikariat mit all den Fachabteilungen von Bau und Finanzen, die Architekten und, und, und dazu. Es besteht immer die Gefahr, dass man Leute vergisst, aber es ist ein großartiges Zusammenwirken und Zusammenspiel vieler gewesen.
Es ist im Grunde genommen so etwas wie das Abbild der Kirche, die sich ja aus verschiedenen Steinen zusammensetzt und nur als Ganzes die eine Kirche bildet. So ist das eigentlich, glaube ich, auch jetzt mit diesem Bau gewesen. Da sind ganz viele Personen und Verantwortlichkeiten, die zusammenwirken mussten. Ein schönes Abbild finde ich für die Kirche. Danke an die alle.
DOMRADIO.DE: Warum braucht es dieses Gotteshaus, diesen Bau?
Woelki: Es braucht ihn natürlich zunächst einmal, weil er ein Stein gewordener Verweis auf die Gegenwart Gottes ist. Gott wohnt mitten in der Stadt, Gott wohnt mitten unter den Menschen. Das ist ein Ort, wo Menschen hinkommen können, um ihrer Freude, um ihrer Trauer, um ihrer gegenwärtigen Befindlichkeit Ausdruck zu verleihen.
Es ist ein Ort der Stille, wo die einen, wenn sie glauben, auf jeden Fall Gott begegnen, erfahren können, wo sie beten können. Aber wo auch Menschen, die sich schwertun zu glauben, auf jeden Fall einen Ort finden, wo sie zu sich selbst kommen können.
Insofern, finde ich, ist dieser Ort eine conditio sine qua non. Bonn ohne Münster wäre nicht Bonn.
DOMRADIO.DE: Sie feiern den Eröffnungsgottesdienst. Viele in der Gemeinde freuen sich auf den Erzbischof von Köln. Aber es gibt in diesen Zeiten auch kritische Stimmen, die sich mit Ihrer Person, mit Ihrer Amtsführung kritisch auseinandersetzen. Wie begegnen Sie denen?
Woelki: Wir sind miteinander im Dialog und im Gespräch. Das ist von allen Seiten eingefordert. Man kann natürlich unterschiedliche Auffassungen von den vielen Fragen haben, wie die Kirche sich in dieser Zeit aufzustellen hat. Da gibt es sicherlich ganz unterschiedliche Perspektiven, unterschiedliche Lösungsvorschläge. Das ist, denke ich, auch legitim und da müssen wir miteinander ringen und wir sind alle für eine vielgestaltige, vielfältige, bunte Kirche. Das sind immer auch Stichworte, die zu nennen sind.
Es wäre langweilig, wenn alles nur eindimensional unterwegs wäre. Deshalb gibt es innerhalb der Kirche unterschiedliche, legitime Auffassungen. Wir müssen gucken, dass wir gut zusammen bleiben, dass wir gut im Gespräch sind, dass wir respektvoll miteinander umgehen und eben, wie der Heilige Ignatius das auch sagt, schauen, ob mir im anderen nicht gerade auch das begegnet, was mir der Geist Gottes sagen möchte und wo er meine eigene Auffassung mit bereichern oder auch hinterfragen möchte.
Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen.