Kardinal Woelki: Marx wird deutsche Anliegen gut vertreten

Gratulation von Berliner Amtsbruder

Der Berliner Erzbischof Kardinal Woelki ist zufrieden, dass das Los auf Kardinal Marx gefallen ist. Im domradio.de-Interview spricht er über die nächsten Aufgaben für den neuen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz.

Kardinal Woelki (DR)
Kardinal Woelki / ( DR )

domradio.de: Wie haben Sie die Wahl erlebt?

Rainer Maria Kardinal Woelki (Erzbischof von Berlin): Ganz entspannt, es war ein gutes Miteinander. Ich bin ganz froh und dankbar, dass Kardinal Marx gewählt worden ist. Ich gratuliere ihm ganz herzlich. Ich möchte auch an dieser Stelle noch einmal Robert Zollitsch für seine vergangenen sechs Jahre danken, dass er den Dienst da auf sich genommen hat und dass er die Konferenz in dieser ruhigen und souveränen Art auch geführt hat. Ich denke, dass wir mit Kardinal Marx jetzt einen guten neuen Vorsitzenden gefunden haben, der auch in Rom gut vernetzt ist und der die Anliegen der deutschen Bischöfe und sicherlich auch unserer deutschen Katholiken dort gut vertreten und einbringen wird.

domradio.de: Was sind die großen Herausforderungen, die sich jetzt dem Vorsitzenden stellen?

Kardinal Woelki: Zunächst einmal ist es ja vor allen Dingen seine Aufgabe die Konferenz zu führen, zu leiten. Jeder Bischof ist natürlich in seinem Bereich verantwortlich für seine Diözese, aber darüber hinaus müssen wir uns als deutsche Bischöfe natürlich einig werden und uns fragen, welche Herausforderungen wir sehen und in welcher Weise wir hier unsere katholische Kirche in Deutschland aufgestellt wissen wollen. Für mich ist da natürlich die Gottesfrage insgesamt. Eine entscheidende Frage für mich ist natürlich, wie es gelingen kann, tatsächlich ein Programm einer Neuevangelisierung zu initiieren. Dass es gelingt, den Glauben in unseren Gemeinden zu vertiefen und den Glauben zu kommunizieren. Dass er für diejenigen, die ihn noch nicht kennengelernt haben oder die ihn verloren haben, dass sie auch mit diesem Glauben in Berührung kommen.

Es sind natürlich die entscheidenden Lebensschutzfragen am Beginn und am Ende des Lebens, die relevant sind. Ich habe dazu am Dienstag einiges dazu gesagt, auch gerade mit Blick auf die Sterbehilfe, dass wir dort als Christen eine klare Position zu beziehen haben. Das werden die großen Herausforderungen sein. Also gesellschaftlich uns einzubringen, gesellschaftlich mitzumischen und dort auch unsere christliche Position einzubringen.

domradio.de: Eine Frage, die die Gesellschaft auch sehr beschäftigt, ist die Frage der Wiederverheirateten. Da hört man, dass es da auch heftige Diskussionen in der Bischofskonferenz gegeben hat. Wie wird man sich dort positionieren?

Kardinal Woelki: Da sind die Beratungen noch nicht abgeschlossen. Das ist wie überall im Leben, dass es natürlich unterschiedliche Positionen gibt und ein unterschiedliches Ringen und ich finde, dass das auch gut und legitim und richtig ist. Das ist ja auch keine einfache Frage. Aber ich denke, dass wir da auch zu einer guten Lösung finden werden.

domradio.de: Die Bischöfe sind sehr um Gemeinschaft bemüht. Es hat vier Wahlgänge gebraucht - dürfen wir daraus schließen, dass es nicht ganz einmütig war?

Kardinal Woelki: Wenn man vier Wahlgänge braucht, dann heißt das, dass es unterschiedliche Positionen und verschiedene Kandidaten gegeben hat und dass es eben so seine Zeit braucht, bis es dann endlich einen getroffen hat mit der notwendigen Stimmenmehrheit. Ich denke, das ist ein gutes Beispiel, dass es auch in der katholischen Kirche so etwas wie Demokratie gibt, dass nicht alles nur, wie man manchmal meint, autoritär abläuft oder dass bestimmte Fragen und Positionen schon im Vorfeld entschieden sind, sondern dass das auch ein ganz normaler demokratischer Vorgang ist.

domradio.de: Es wurde auch schon im Vorfeld der Bischofskonferenz immer wieder die Frage thematisiert, ob eventuell ein Umzug notwendig wäre nach Berlin in Ihr Bistum. Kardinal Marx hat gerade gesagt, das sei noch nicht abgeschlossen. Wie ist Ihre Position dazu?

Kardinal Woelki: Meine Position ist zunächst einmal grundsätzlich, dass Berlin für meine Begriffe kirchlich gestärkt wird. Wir müssen als katholische Kirche stärker als bisher in Berlin vernehmbar sein. Das ist der Ort, wo die höchste Dichte an Hochschulen, an Akademien, an Universitäten, an Fachhochschulen, an Wissenschaftszentren ist. Da findet ein wissenschaftlicher Dialog auf höchstem Niveau statt und ich finde, dass da unsere katholische Stimme unbedingt mit hinein gehört. Es ist die Stadt der Kunst, der Auseinandersetzung, der großen geistigen Strömungen. Es wird dort die Auseinandersetzung geführt mit Fragen des Atheismus und des Agnostizismus. Der Vorhof der Völker, den wir hier in Berlin gehabt haben, hat deutlich gezeigt, wie dringend ein solcher Dialog ist. Da fehlen wir noch als katholische Kirche. Das wird also ganz ganz wichtig und entscheidend sein. Dass eventuell auch ein Umzug mal in Frage kommen könnte, das muss man mal sehen, das muss man in Ruhe miteinander bedenken. Wichtiger wäre mir eine inhaltliche Stärkung, etwa durch ein Wissenschaftskolleg und ich denke, dass wir auch mit Blick auf die Kirche - etwa unserer Hedwigskathedrale - auch einen Ort als katholische Kirche haben müssen, der eben für unsere Hauptstadt entsprechend repräsentativ ist.

Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen


Quelle:
DR