2.000 Messdienerinnen und Messdiener nehmen zur Zeit an der achten diözesanen Ministrantenwallfahrt des Erzbistums nach Rom und Assisi teil. Auf dem Programm stehen ein Abendgebet mit Lichterprozession an der Lourdesgrotte in den Vatikanischen Gärten, eine Generalaudienz mit Papst Franziskus und der Abschlussgottesdienst in der Basilica di San Francesco in Assisi.
Ein erster Höhepunkt sollte am Montag die große Eröffnungsmesse mit den Jugendlichen in St. Paul vor den Mauern werden, zelebriert von Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki. Doch Teilnehmerinnen berichten, es sei schon im Vorfeld des Gottesdienstes zu Missstimmigkeiten innerhalb der Jugendgruppen gekommen: Es kursierten Aufkleber mit Kritik an Woelki, die wohl viele der jungen Romreisenden als unangemessen empfanden.
Mit dem Rücken zum Kardinal
Beim Gottesdienst kam es dann zu aufsehenerregenden Szenen: Während einige Regenbogen-Flaggen zu sehen waren und einzelne Jugendliche FFP2-Masken in den Farben der LSBTQI-Bewegung trugen, um sich für Geschlechtervielfalt auszusprechen, richteten andere Teilnehmenden ihre Kritik direkt an den Erzbischof, wenn auch stumm: Während dessen Predigt kehrten schätzungsweise 200 der fast 2.000 Jugendlichen dem Kardinal demonstrativ den Rücken zu - augenscheinlich als Ausdruck des Protestes gegen das Agieren der Bistumsleitung bei der Aufarbeitung sexueller Gewalt durch Priester im Erzbistum Köln. Als der Erzbischof daraufhin seine Predigt unterbrach und darauf hinwies, Jesus habe niemals einem Menschen den Rücken zugekehrt, er habe stets den Menschen offen sein Gesicht gezeigt, das "Gesicht des Vaters, der jeden Menschen annimmt und liebt“, erfüllte Applaus die Basilika, an dem sich allerdings nur ein Teil der Jugendlichen beteiligte. Der Gottesdienst wurde daraufhin fortgesetzt.
Im Anschluss der Messe sagte Woelki gegenüber DOMRADIO.DE, die Protestierenden hätten "das sicherlich aus ihrer Perspektive heraus gut gemeint und haben jetzt geglaubt, dass sie für Wahrheit und Gerechtigkeit eintreten." Es sei aber schade, "dass man den Gottesdienst dafür nutzt". "Es ist natürlich auch eigentlich genau das Gegenteil von dem, was wir dort feiern, nämlich dass Gott sich uns Menschen zuwendet und dass gerade die Eucharistie die Feier der Einheit und des Friedens ist. Und das ist dann ein bisschen schwierig. Aber wie gesagt, ich denke, es sind junge Leute und die haben sicherlich geglaubt und waren der Überzeugung, etwas Gutes zu tun. Es ist jetzt so gewesen und jetzt müssen wir das so hinnehmen", so der Kardinal.
Diözesanjugendseelsorger reagiert
Teilnehmende der Wallfahrt sagten DOMRADIO.DE, sie wollten nicht, dass der Eindruck entstehe, in Rom sei alles "Friede, Freude, Eierkuchen". Die Ministranten hätten in der Regel "keine Stimme, keinen Verband", der für sie sprechen kann. Die Unruhe im Erzbistum habe auch Folgen für die Messdienerarbeit, darauf habe diese Aktion aufmerksam machen wollen.
Eine andere Teilnehmerin sagte dagegen, sie habe die Situation als anstrengend empfunden: "Ich habe nie etwas gegen Proteste an sich. Aber meine ganze Gruppe und ich fanden dies dafür den falschen Anlass." Die Stimmung sei die ganze Zeit angespannt gewesen, jeder habe gemerkt, das etwas nicht stimme.
Diözesanjugendseelsorger Tobias Schwaderlapp erklärte über die Pressestelle der Erzdiözese: "Wir als Jugendseelsorge nehmen die Gedanken, Sorgen und zum Teil konträren Meinungen unserer Jugendlichen ernst."
Ihn überrasche es nicht, dass die Ministranten auf ihrer Wallfahrt die inneren Spannungen in der Kirche und im Erzbistum Köln nicht einfach hinter sich lassen könnten. Er habe die Jugendleiter gebeten, mit Gesprächsangeboten auf die Jugendlichen zuzugehen.