Das zeige sich aktuell vor allem "an der überhitzt geführten Diskussion der Flüchtlingsfrage". Die Öffentlichkeit sei "zurzeit geprägt von viel Polemik und plattem Populismus bis in höchste politische Kreise". Der Kardinal wandte sich beim Medienempfang des Erzbistums Köln gegen eine "populistische Spielart der Politik", die sich "durch bewusste sprachliche Grenzverletzungen" auszeichne.
Ängste nehmen
Dies werde damit begründet, dass man die Ängste der Leute ernst nehmen müsse. "Der dauernde Alarm durch Krisenbotschaften und Schlagzeilen kippt gesellschaftlich um in einen Alarmismus, der notwendige Debatten eher verhindert und den Wunsch nach einfachen Lösungen wachsen lässt", sagte er.
Woelki rief die Medien auf, "den Dialog und Austausch im Sinne guter Problemlösungen" zu fördern. Sie sollten über Tatsachen und Vorgänge berichten, die drohen vergessen zu werden. Als Beispiel nannte er die Situation von Menschen in prekären Lebenslagen. Die Medien hätten wie die Kirche die Aufgabe, die Ausgeschlossenen ins öffentliche Bewusstsein zu heben. Diese Aufgabe entspreche auch dem journalistischen Ethos, wie es etwa der Deutsche Presserat formuliert habe.
Warnung vor Unterschichtung der Gesellschaft
Der Erzbischof kritisierte, dass trotz sinkender Arbeitslosenzahlen die Armutsquote seit Jahren bei 15 Prozent verharre. Jede siebte Person verfüge über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens und sei damit von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen. So gingen Paket-Zusteller trotz 50-Stunden-Job gerade mal "mit 900 Euro nach Hause". Woelki warnte vor einer "Unterschichtung in unserer Gesellschaft".
Der Erzbischof äußerte sich in der Wagenhalle des Malteser Hilfsdienstes in Köln. Dabei lobte er besonders das Engagement der Malteser Migranten Medizin (MMM), die seit 2005 mehr als 115.000 Menschen ohne Krankenversicherung ärztlich betreut haben.