DOMRADIO.DE: Wie geht es Ihnen – freuen Sie sich schon auf den Heiligabend?
Kardinal Rainer Maria Woelki, Kölner Erzbischof: Ja, total! In diesem Jahr ist es etwas Besonderes, weil der vierte Advent und Heiligabend gewissermaßen zusammenfallen. Zuerst feiern wir also den vierten Advent und heute Abend geht es dann für mich mit dem Heiligen Abend und dem Gottesdienst im Kölner Dom los.
DOMRADIO.DE: Das ist ein bisschen ungewöhnlich – vierter Advent und Heiligabend an einem Tag. Es gab im Vorfeld die Diskussion, inwieweit die Geschäfte an diesem Sonntag geöffnet sein sollten und es ja gesetzlich auch dürfen. Dann haben große Ketten wie Lidl und Aldi gesagt, sie wollen die Läden geschlossen lassen. Wie finden Sie das?
Woelki: Dafür bin ich sehr dankbar; gerade mit Blick auf die Mitarbeiter in diesen Geschäften. Denn Weihnachten ist das Fest der Familie. Da gehört man nach Hause. Ich denke, dass wir vorher sehr viel Zeit gehabt haben, um unsere Möglichkeiten des Einkaufens und des Schenkens zu überlegen und die Geschenke zu kaufen. An Heiligabend bin ich dankbar für jeden Ort, an dem die Geschäfte geschlossen sein können, dass sich die Menschen dort auch mit einer inneren Vorbereitung auf das Fest einstimmen können. Außerdem ist heute ein Sonntag und an dem Tag sollten die Geschäfte ohnehin geschlossen sein.
DOMRADIO.DE: Weihnachten – das ist auch immer ein Frohes Fest voll schöner Kindheitserinnerungen. Wie ist das bei Ihnen?
Woelki: Natürlich! Heiligabend war zu Hause immer ein spannender Tag voller Geschäftigkeit. Die Eltern haben noch die letzten Dinge erledigt, es wurde noch gebacken und gekocht und alles für den Weihnachtstag vorbereitet. Irgendwann wurden dann die Schlüssel umgedreht und das Wohnzimmer wurde abgeschlossen, damit das Christkind auch kommen konnte. Der Baum wurde geschmückt und wir Kinder durften natürlich nicht dabei sein, sondern mussten auf unser Zimmer gehen und uns irgendwie beschäftigen. Das nahm und nahm natürlich kein Ende. Wir haben dann zwischendurch mal versucht, durch die Schlüssellöcher zu spicken, um vielleicht das Christkind zu sehen – aber das ist nie gelungen. Nachher haben die Eltern sogar noch etwas Papier ins Schlüsselloch gesteckt.
DOMRADIO.DE: Kinder können das ja noch aus ganzem Herzen: Warten auf Weihnachten mit großem Herzklopfen. Kinder erleben das auch körperlich mit und können nachts nicht schlafen ...
Woelki: Genau so war das auch bei uns. Aber ich muss sagen, dass das Zentrum wirklich die Christbotschaft war. Wenn es dann nachher so weit war, haben wir uns nicht gleich auf Geschenke gestürzt, sondern wir haben um den Baum gestanden, gebetet und das Weihnachtsevangelium gehört. Einer musste – oder durfte – es vorlesen. Wir haben zusammen die alten Weihnachtslieder gesungen und irgendwann wurden dann auch die Geschenke überreicht und ausgepackt. Die waren natürlich immer nur Ausdruck für das große Geschenk, das uns Gott mit seinem Sohn gemacht hat. Die Eltern haben von Anfang an großen Wert darauf gelegt, dass die Kommerzialisierung nicht im Mittelpunkt stand.
DOMRADIO.DE: Und was war Ihr schönstes Weihnachtsgeschenk?
Woelki: Das Schönste war sicherlich meine Eisenbahn; meine Elektroeisenbahn. Vorher hatte ich mich immer gewundert, warum mein Vater an den Abenden in den Keller verschwunden war. Er hatte dort die kleinen Häuschen und eine ganze Eisenbahnlandschaft auf einer großen Platte aufgebaut und das Ganze auch elektrisch installiert: Die Häuschen waren beleuchtet und es gab elektrische Weichen. Das war natürlich ein ganz wunderbares Erlebnis und Ereignis für mich – eine eigene Eisenbahn zu besitzen und dann auch noch elektrisch. Auch mit Blick auf die damalige Zeit war das etwas unvorstellbar Tolles.
DOMRADIO.DE: Ein Kardinal hat natürlich große Weihnachtswünsche – Frieden in der Welt – Frieden besonders für alle Christen in der Welt an Heiligabend – das wünschen wir uns alle. Aber da sind ja auch immer die kleinen Wünsche, die persönlichen Wünsche für das kommende Jahr: Wünschen Sie sich, dass der FC Köln es irgendwie schafft und dann doch nicht absteigt?
Woelki: Natürlich! Das ist sicherlich ein Wunsch und ich hab auch noch Hoffnung, wenn es uns gelingt, eine ähnliche Rückrunde zu spielen, wie das im vergangenen Jahr Werder Bremen getan hat. Darüber hinaus hab ich aber natürlich auch so meine persönlichen Wünsche. Ich wünsche mir, dass uns Gott im kommenden Jahr noch mehr geistliche Berufungen schenken möge. Wir wollen auch versuchen, 2018 ein Jahr der Berufungen zu initiieren. Neue und gute geistliche Berufungen und ein Voranschreiten und Implementieren für unseren pastoralen Zukunftstweg sind sicher zwei meiner ganz großen Wünsche.
Das Interview führte Johannes Schroeer.