Nachdem er Segnungen für homosexuelle Paare genehmigt hat, sieht sich der Chefdogmatiker des Papstes mit einer Rücktrittsforderung konfrontiert. Kardinal Victor Fernandez nenne eine schwere Sünde gut und begehe damit Häresie, schreibt der frühere Bischof von Hongkong, Kardinal Joseph Zen, in einer Stellungnahme. "Sollte er dann nicht zurücktreten oder entlassen werden?", fragt der 92-Jährige.
Der emeritierte Bischof bezog sich vor allem auf die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, die der Vatikan in der Erklärung "Fiducia supplicans" erstmals erlaubt hatte. Das Dokument lege nahe, dass solche Beziehungen auch etwas Gutes haben könnten, führt Zen aus und widerspricht: "Dies ist ein absolut subjektiver Irrtum. Nach der objektiven Wahrheit ist dieses Verhalten eine schwere Sünde und kann niemals gut sein." Kardinal Zen hatte dem Papst schon früher vorgeworfen, Gläubige mit unklaren Antworten zu Fragen der Sexualmoral, insbesondere zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, zu verunsichern.
Kirchenlehre zu Ehe und Sexualität nicht verändert
Fernandez hatte als neuer Präfekt des Glaubensdikasteriums die Erklärung "Fiducia supplicans" verfasst, die von Papst Franziskus genehmigt wurde. Die spontanen Segnungen sind laut Dokument nur gestattet, wenn sie nicht wie Eheschließungen wirken und außerhalb des Gottesdienstes stattfinden. Die Kirchenlehre über Ehe und Sexualität soll nicht verändert werden.
Nach der Veröffentlichung übten konservative Bischöfe weltweit Kritik an Fernandez, während sich Bischöfe unter anderen aus Deutschland hinter die Öffnung stellten. Kardinal Zen warnt in seiner Stellungnahme, dass die Segnungen Verwirrung unter den Gläubigen stiften würden. In diesem Zusammenhang fordert er den Vatikan auf, auch deutsche Priester anzuhalten, bestimmte Regeln zu befolgen.
Seit etwa zwei Jahren bieten mehrere Geistliche in Deutschland offiziell Segensfeiern auch für homosexuelle Paare an. Anlass war eine Fernsehdokumentation über queere Kirchenmitarbeitende. Die Feiern verstoßen gegen die aktuellen Vatikan-Vorgaben, weil die Priester den Segen in Gottesdiensten spenden. Sanktionen bleiben vielerorts aber aus.