Kardinal Zuppi sieht Kirche vor neuen Herausforderungen

Muss ihre Rolle neu finden

Der italienische Kardinal Matteo Zuppi sieht die katholische Kirche im 21. Jahrhundert vor neuen Herausforderungen. Zuppi warnte zugleich vor einem Rückzug der Kirche und ermutigte zum Teilen der Wahrheit des Evangeliums.

Kardinal Matteo Zuppi / © Oleg Varov (dpa)
Kardinal Matteo Zuppi / © Oleg Varov ( dpa )

In einem langen Interview mit der katholischen Intellektuellen-Zeitschrift "La Civilta Cattolica" (erste Februar-Ausgabe) wandte sich der Vorsitzende der größten Bischofskonferenz in Europa gegen einen Rückzug der Kirche in eine Wagenburg-Mentalität. Zugleich warnte er davor, die christliche Botschaft in ein bloßes Wohlfühlangebot zur persönlichen Selbstverwirklichung zu verwässern.

Kardinal Zuppi warnt vor Position der Schwäche

Zuppi, der in italienischen Medien als Kandidat für die Nachfolge von Papst Franziskus gehandelt wird, ging auch auf die rückläufigen Zahlen in Gottesdiensten und bei neuen Priestern ein. Er erklärte, als Reaktion darauf, neigten manche in der Kirche dazu, der Kirche einen "Rückzug ins Kloster" zu empfehlen und ihre Wahrheit bloß zu verteidigen.  Dieses Sich-Verschließen sei aber eine Position der Schwäche.

Vielmehr müsse die Kirche die Wahrheit des Evangeliums lebendig werden lassen und mit anderen teilen. Gleichzeitig warnte Zuppi vor der "Gefahr, alles zu verwässern und aus dem Evangelium eine entfernte, religiöse Inspiration zu machen, die nichts fordert, die nicht stören und stattdessen nur das Wohlbefinden garantieren darf".

Der Kirche gelinge es derzeit kaum, den Sinn ihrer Morallehre zu vermitteln. In einem allgemeinen Klima des Individualismus gelte sie als unattraktiv.

Die Kirche als Zuhause für alle – nicht als Hotel

Zuppi räumte ein, dass der Aufruf von Papst Franziskus, die Kirche für "alle, alle, alle" zu öffnen, bei manchen Priestern Besorgnis auslöse. Er betonte, diese Vision bedeute keineswegs eine Rechtfertigung dafür, alles nach eigenem Gutdünken zu machen. 

Es gehe Franziskus nicht um ein Verstecken der Wahrheit, sondern darum, die Menschen und ihre Probleme ernst zu nehmen. Für alle offen zu sein bedeute nicht, die Kirche "zu einem Hotel machen"; sie solle vielmehr für alle ein Zuhause werden. 

"Wenn alle in der Kirche ein Zuhause finden, dann werden sie auch die Regeln in diesem Haus verstehen oder neu entdecken", so der Erzbischof von Bologna. Zugleich wandte er sich dagegen, die Kirche "zu einem der vielen, billigen Wohlfühl-Anbieter oder zu einem der vielen Ratgeber-Dienste" zu machen.

Quelle:
KNA