Kardinalsrat berät über neue Vatikan-Strukturen

Ein Mammutprojekt namens Kurienreform

Mit dem Begriff "Kurienreform" verbinden sich seit dem Amtsantritt von Papst Franziskus hohe Erwartungen. Heute tritt der zur Planung der Kurienreform geschaffene neunköpfige Kardinalsrat erneut zusammen.

Kardinalsrat mit Papst Franziskus (KNA)
Kardinalsrat mit Papst Franziskus / ( KNA )

Neue Strukturen und Kompetenzen in der römischen Zentrale sollen dafür sorgen, dass sich die Turbulenzen der vergangenen Jahre wie Vatileaks, Williamson-Affäre und Skandale um die Vatikanbank IOR nicht wiederholen. Die anfängliche Euphorie, die Kurienreform sei eine Sache von Monaten, war rasch verflogen. Die Erneuerung der in Jahrhunderten gewachsenen Strukturen erweist sich als Mammutprojekt. Nur wenige Päpste haben sich je an diese Aufgabe gewagt. Denn der kleinste Eingriff an einer Stelle zieht sofort an anderer Stelle Konsequenzen nach sich. Franziskus selbst bremste die Erwartungen: Vor 2016 werde die neue Kurienverfassung nicht fertig.

Wirtschaftsrat schon aktiv

Ein großes und einschneidendes Reformprojekt ist bereits auf den Weg gebracht. Der vor einem Jahr nach Vorgaben des Kurienrates (K9) geschaffene Wirtschaftsrat und das Wirtschaftssekretariat sind dabei, Finanzen und Besitz des Vatikans insgesamt zu erfassen, zu ordnen und Gesamtbilanzen zu erstellen. Es geht nicht nur um weitere Anpassungen des skandalgeschüttelten IOR an internationale Standards. Vielmehr übernehmen die neuen Gremien unter dem Australier George Pell und dem Münchener Reinhard Marx Aufgaben der bisherigen päpstlichen Güterverwaltung sowie Funktionen einer vatikanischen Zentralbank.

Außerdem wurde auf K9-Empfehlung eine neue Kinderschutzkommission installiert, die in diesen Tagen zusammentrat. Neben den bereits von Benedikt XVI. verfügten Strukturen und Mechanismen soll sie den Kampf gegen sexuellen Missbrauch stärken. Vor allem geht es um die Betreuung der Opfer und um Präventionsprogramme.

Viele Neuerungen noch vage

Das Gros der Arbeit steht freilich noch bevor. Zur künftigen Ordnung der Dikasterien – Kongregationen, Räte, Gerichtshöfe und Staatssekretariate gibt es bislang nur vage Ahnungen. Während es bei den Kongregationen, den "großen Ministerien", kaum Veränderungen geben dürfte, soll die Zahl der Räte stark reduziert werden. Man spricht von einer neuen Superbehörde rund um den Laienrat, dem die Bereiche Familie und Lebensschutz angegliedert werden.

Ein großes Sozialministerium soll die Aufgaben von gleich vier bisherigen Räten zusammenfassen, einschließlich Migrantenfragen und Krankenpastoral. Wenig ändern dürfte sich bei den Behörden für Ökumene, interreligiösen Dialog und Kultur, samt dem Dialog mit Atheisten. Dagegen könnte das Staatssekretariat etwas von seiner Rolle als Superbehörde verlieren und auf ein Sekretariat des Papstes beschränkt werden.

Ziel der Reform ist es, den vatikanischen Verwaltungsapparat personell und strukturell zu verschlanken, Kompetenzen zu klären und Doppelarbeit zu vermeiden. Die Kurie soll zudem von einer autonomen Macht-, Leitungs- und Kontrollinstanz stärker zu einem Dienstorgan für die Weltkirche werden. Dafür müssen Strukturen und Dienstwege vereinfacht und transparenter werden. Vor allem aber seien andere Mentalitäten gefragt, heißt es immer wieder.

Veraltete Strukturen nicht Schuld an allem

Vor allem ist eine bessere Koordination an der Kurie vonnöten. Denn die Pannen der Vergangenheit hatten ihre Ursachen weniger in mangelhaften und veralteten Strukturen oder nachlässigen Mitarbeitern. Vielmehr wusste die Linke oft nicht, was die Rechte tat. Das zeigte sich etwa 2009 beim Skandal um den Holocaustleugner Richard Williamson. Die Nuntiatur in Stockholm hatte dem Vatikan Informationen über den exzentrischen Briten zugeleitet, aber sie gelangten nicht an alle zuständigen Stellen. Involviert waren das Staatssekretariat, die für Traditionalisten zuständige Kommission "Ecclesia Dei" unter dem kolumbianischen Kardinal Dario Castrillon Hoyos, der sich nicht in die Karten schauen lassen wollte, sowie die Bischofskongregation.

Ob sich Mentalitäten allein durch neue Strukturen, durch mehr Personalfluktuation oder durch häufigere Kabinettssitzungen ändern lassen, bleibt die Frage.


Quelle:
KNA