Karlspreis für Timothy Garton Ash

Ein "überzeugender Europäer"

Für Europa, gegen Populismus und "Brexit": Der 61-jährige Historiker und Publizist Timothy Garton Ash erhält den Aachener Karlspreis 2017.

Timothy Garton Ash, britischer Historiker und Schriftsteller.  / © Kai Bienert (KNA)
Timothy Garton Ash, britischer Historiker und Schriftsteller. / © Kai Bienert ( KNA )

Damit werde er für sein "herausragendes wissenschaftliches und publizistisches Werk" gewürdigt, erklärte das Direktorium der Gesellschaft für die Verleihung des Internationalen Karlspreises zu Aachen am Sonntag. Geehrt werde auch sein Engagement gegen Populismus. Der alljährlich in Aachen verliehene Internationale Karlspreis zählt zu den bedeutendsten europäischen Ehrungen. 2016 hatte Papst Franziskus den Karlspreis im Vatikan erhalten.

Mit Garton Ash, der auch in Berlin gelebt hat, würdige man "einen überzeugenden und bedeutenden englischen Europäer und europäischen Engländer, der das Vereinigte Königreich zur europäischen Wertegemeinschaft zählt und wertvolle Beiträge zum Selbstverständnis Europas leistet", hieß es. Er habe gegen den "Brexit" argumentiert - und leide heute unter dem Ergebnis. Garton Ash wolle aber nicht aufgeben, "für eine enge Bindung des Vereinigten Königreichs und der EU einzutreten".

Für die "Verteidigung der Wahrheit gegenüber der Lüge"

Er trete dafür ein, "dass die Demokratie und ihre Prinzipien, eine liberale und offene Debattenkultur sowie die Verteidigung der Wahrheit gegenüber der Lüge in der Kommunikation erhalten bleiben". Populisten und Vereinfachern biete er die Stirn und entwickele Ideen, "wie wir uns in der globalisierten Welt verhalten sollten". In der Begründung heißt es weiter: "Dabei gibt er wichtige Anstöße für den Erhalt unserer Werte wie Freiheit, Frieden und Demokratie sowie Wahrhaftigkeit, Toleranz, Recht und Selbstbestimmung."

Als Historiker bewerte er "den europäischen Integrationsprozess nicht nach kurzfristigen oder tagespolitischen Ereignissen". Der Brite sehe die Krise vor dem Hintergrund komplexer Zusammenhänge und weise darauf hin, "dass unsere Welt durch die digitale Revolution und Vernetzung große Umwälzungen erlebt und dabei die vertraute Ordnung überwunden wird".

2013 die Karlsmedaille für europäische Medien

Timothy Garton Ash hatte bereits 2013 die Karlsmedaille für europäische Medien für sein Engagement für ein vereintes Europa erhalten. Er wurde am 12. Juli 1955 in London geboren und schloss ein Geschichtsstudium an der Universität Oxford ab. Wegen seiner Forschungen zum deutschen Widerstand gegen Hitler kam er Ende der 70er Jahre an die Freie Universität Berlin.

Sein Buch "Ein Jahrhundert wird abgewählt" von 1990 und sein drei Jahre später erschienenes Werk "Im Namen Europas" machten ihn bekannt. 2016 brachte er "Redefreiheit. Prinzipien für eine vernetzte Welt" heraus. Er lehrt an der Universität Oxford und ist "Senior Fellow" an der Stanford University in den USA.

In der aktuellen Karlspreis-Begründung wird der Preisträger als der "herausragende Grenzgänger zwischen Geschichtswissenschaft, Journalismus und präziser politischer Analyse" bezeichnet. Mit seinem wissenschaftlichen und publizistischen Werk gebe er "bedeutende Anstöße, den Herausforderungen einer globalen und vernetzten Welt mit Prinzipien zu begegnen, die auf zutiefst europäischen Werten basieren".


Der Karlspreis zu Aachen / © Henning Kaiser (dpa)
Der Karlspreis zu Aachen / © Henning Kaiser ( dpa )
Quelle:
KNA