Der Bundesbehindertenbeauftragte Jürgen Dusel sagte: "Ich freue mich sehr über diese klare Entscheidung." Bei der anstehenden Europawahl am 26. Mai dürfe es diese Wahlausschlüsse nicht mehr geben. Damit steht er nicht allein.
Die Vorsitzende der Lebenshilfe und frühere Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt zeigte sich erleichtert. «Ich hoffe, dass die geplant Reform schnell in den Bundestag gehen kann», sagte die SPD-Abgeordnete der Deutschen Presse-Agentur. Die Betroffenen dürften nicht länger an der Ausübung ihrer Rechte gehindert werden. Die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt, nannte das Urteil "einen saftigen Strafzettel für die Bundesregierung".
Peter Fölsch, Präsidiumsmitglied des Deutschen Richterbunds, sagte: "Union und SPD müssen diese Entscheidung nun schnell umsetzen." Und die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, die zwölffache Paralympics-Siegerin Verena Bentele, forderte: "Die Parteien müssen unbedingt barrierefreie Wahlinformationen, zum Beispiel in leichter Sprache, zur Verfügung stellen, damit diese Menschen zu einer eigenen Wahlentscheidung kommen können."
Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag auf eine Änderung des Wahlrechts in dem Punkt geeinigt. Bereits im November stand ein entsprechender Vorschlag. Nach dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Entwurf sollte der fragliche Paragraf des Wahlgesetzes gestrichen werden. "Ein Wahlberechtigter, der des Lesens unkundig oder wegen einer Beeinträchtigung an der Abgabe seiner Stimme gehindert ist, kann sich hierzu der Hilfe einer anderen Person bedienen", hieß es dort. "Die Hilfeleistung ist auf technische Hilfe bei der Kundgabe einer vom Wahlberechtigten selbst getroffenen und geäußerten Wahlentscheidung beschränkt." SPD-Fraktionsvize Eva Högl warf der Spitze der Unionsfraktion vor, bislang verhindert zu haben, 2dass diese Einigung auch im Bundestag verabschiedet werden kann".
Auf Druck der Union war noch vor Weihnachten ein neuer Entwurf entstanden, der eine Prüfung vorsieht: Wenn jemand bei der Ausübung des Wahlrechts Hilfe braucht, soll das Betreuungsgericht entscheiden, ob der Betroffene wählen kann. Diese Hürde wollte die SPD nach Angaben aus Fraktionskreisen nicht mittragen. In vielen anderen EU-Staaten gibt es solche Ausschlüsse vom Wahlrecht nicht. Oder es ist eine richterliche Entscheidung im Einzelfall nötig. (dpa)