Das rund 1.300 Seiten umfassende "Gotteslob" startet mit einer Auflage von 3,6 Millionen Stück und löst nach 38 Jahren seinen gleichnamigen Vorgänger ab. Das Buch hat eine lange Vorgeschichte: Fast zwölf Jahre Vorbereitung hat es gekostet. 37 beteiligte Bistümer wurden ebenso unter einen Hut gebracht wie unterschiedliche Musik- und Liturgieexperten. Erstmalig in der deutschen Gesangbuchgeschichte musste auch die vatikanische Gottesdienstkongregation ihren Segen geben.
Passend zum Advent, der ja das Warten auf die Geburt und Wiederkunft Jesu zum Thema hat, gestaltete sich auch die Geburt des neuen Gesangbuchs schwierig. Schuld daran war eine Auseinandersetzung um die Papierqualität. Erst Anfang November räumten die Nördlinger Druckerei C.H. Beck und der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) den Konflikt aus. 13 Diözesen führen die neuen Gesangbücher deshalb verspätet ein - etwa in der Karwoche oder erst im Sommer 2014.
Größere Schrift und zweifarbiger Druck
Optisch unterscheidet sich das neue Werk vom Vorgänger durch eine größere Schrift, zweifarbigen Druck in schwarzer und roter Farbe sowie durch einen etwas größeren Gesamtumfang. Es umfasst einen Stammteil und 24 Diözesanteile mit rund 1.300 Seiten. Außer Liedern und Gebeten enthält es auch meditative Zeichnungen und Vorlagen für Andachten zu Hause.
Erleichtert über den Start zeigt sich der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann, der innerhalb der Bischofskonferenz die zuständige Arbeitsgruppe leitete: Der reichhaltige Schatz im "Gotteslob" könne nun endlich gehoben werden. "Ich hoffe, dass das neue Gotteslob nicht nur ein Buch zur Mitfeier der Liturgie wird, sondern auch ein Hausbuch für die Familien. Heutige Menschen brauchen neue Zugänge zu Gebet und Lied - und auch zu den häuslichen Feiern."
"Kulturelles Ereignis von europäischem Rang"
Als ein "kulturelles Ereignis von europäischem Rang" wertet der Mainzer Literaturwissenschaftler Hermann Kurzke das Werk. Es habe "Tausende Verfasser, Mitverfasser, Melodisten, Redakteure, Bearbeiter, Begutachter und Verabschieder" gehabt. Das Gesamtergebnis sei ein "pluralistisches, ja, ein demokratisches", unterstreicht der emeritierte Professor für Neuere deutsche Literaturgeschichte, der auch Mitglied des Kuratoriums der Stiftung Gesangbuch ist. Obwohl sich die Bischöfe der Schweiz, Liechtensteins, des Elsass und Lothringens nicht beteiligt hätten, umfasse das Projekt mehr oder weniger den deutschsprachigen Kulturraum. Kurzke sieht im "Gotteslob" auch ein "Europa der Regionen" verwirklicht. So zollten etwa Österreich und Luxemburg mit der Aufnahme ungarischer, slowenischer, kroatischer und letzeburgischer Lieder ihren Minderheiten Respekt.
Das neue Gesangbuch hat zudem, wie schon sein Vorgänger, eine starke ökumenische Prägung. Der Stammteil enthält 286 Lieder, von denen fast die Hälfte mit "ö" markiert ist, wie der Leiter der für die Auswahl der Lieder zuständigen Arbeitsgruppe, der Kölner Diözesanmusikdirektor Richard Mailänder, betont.
Insgesamt enthält das "Gotteslob" Lieder aus allen Epochen des Kirchenliedes, auch aus dem 18. und 19. Jahrhundert - das Vorgänger-Werk wies hier auffällige Lücken auf, resümiert Mailänder.
Taize-Gesänge oder populäre Lieder
"Die Leute wollen wieder mehr Lieder, die nicht nur den Verstand, sondern auch das Herz ansprechen", sagt auch Wolfgang Bretschneider, Kirchenmusikexperte und Präsident des Allgemeinen Cäcilien-Verbands für Deutschland. Deshalb fänden sich auch Klassiker wie das "Sanctus" aus der Schubert-Messe, aber auch modernere Stücke wie "Ich lobe meinen Gott" wieder.
Auch Klassiker des umstrittenen niederländischen Theologen Huub Oosterhuis sind wieder dabei, ebenso Taize-Gesänge oder populäre Lieder wie "Tochter Zion" und "Der Mond ist aufgegangen". "Ich erwarte mir natürlich, dass das zündet" hofft Bretschneider. "Wir wollen den Menschen Appetit machen und ihnen zeigen, dass Kirche und Gottesdienst nicht abgestanden und langweilig sein müssen."