Katholische Bischöfe kritisieren Zustände in Brasilien

Zwischen Fairplay und Korruption

Kurz vor Beginn der Fußball-WM werden die kritischen Stimmen immer lauter. Bischof Overbeck, zuständig für das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat, weist vehement auf die gesellschaftlichen Missstände in Brasilien hin.

Autor/in:
Thomas Milz
Proteste im Vorfeld der Fußball-WM (dpa)
Proteste im Vorfeld der Fußball-WM / ( dpa )

Nun steigt sie doch, die WM-Stimmung in Brasilien: Die ersten auswärtigen Fans sind da, die meisten Nationalteams ebenfalls. Für ihre Sicherheit hat Brasilien eine ganze Armee von Sicherheitskräften aufgestellt. Nach den zuletzt negativen Schlagzeilen, die Zweifel an der Sicherheitslage in den zwölf WM-Städten aufkommen ließ, will die Regierung keinerlei Zwischenfälle mehr dulden.

Seit 2013 Protestwelle gegen WM-Ausgaben

"Die WM wird für die Touristen, Journalisten und die Teams sicher sein", wiederholte Sportminister Aldo Rebelo in den vergangenen Monaten fast täglich. Dafür freilich hat die Regierung ein massives Aufgebot an Sicherheitskräften bereitgestellt. Mehr als 50.000 Soldaten und 100.000 Polizisten sollen den reibungslosen Ablauf der vierwöchigen WM garantieren. Während des Confed-Cups, der WM-Generalprobe, war es im Juni 2013 zu einer Protestwelle gegen soziale Missstände im Land sowie gegen die hohen Ausgaben für die WM gekommen. Die teils gewalttätigen Ausschreitungen hatten damals viele angereiste Touristen erschreckt. Zuletzt sorgten zudem Berichte über neue Gewaltausbrüche in den Elendsvierteln, den sogenannten Favelas von Rio für internationales Medienecho. Hotels berichteten über Stornierungen; die Zahl der tatsächlich zur WM anreisenden ausländischen Touristen dürfte unter den erwarteten 600.000 bis 700.000 bleiben.

Gewaltszenen in den Favelas

Brasiliens Gewaltproblem ist zwar nicht neu. Nach Jahren sinkender Gewalt überraschten die neuesten Statistiken trotzdem. 2012 wurden landesweit mehr als 56.000 Morde gezählt, der höchste Stand seit 1980. Landesweit lag die Zahl der Morde bei rund 30 pro 100.000 Einwohner. Laut den Vereinten Nationen spricht man bei einem Wert von 10 bereits von epidemischen Zuständen. Besonders in Rio de Janeiro, der Stadt, auf der der Fokus dieser WM liegt, kam es seit Jahresbeginn immer wieder zu Gewaltszenen, besonders in den bereits durch Polizeikräfte befriedeten Favelas. Hier drohte die Polizei zeitweise die Kontrolle zu verlieren. Rund ein Dutzend Polizisten starb bei Konflikten mit Drogendealern, die in die Favelas eindrangen. In der Favela Mare, am internationalen Flughafen von Rio gelegen, sorgen seit Ende März mehr als 2.000 Soldaten für Ruhe. Sie sollen bis nach der WM bleiben.

Keine Gefahr für WM-Touristen

"Wir haben Probleme im Bereich der öffentlichen Sicherheit in Brasilien", gab Sportminister Rebelo zu - doch alle Regierungsebenen hätten sich "mit großem Engagement dieser Herausforderung gestellt". So wurden in den zwölf WM-Spielorten insgesamt 14 neue Kontrollzentren errichtet, in denen die Informationen des Sicherheitsapparates zusammenlaufen. Hunderte Kameras wurden installiert, um die von den WM-Touristen frequentierten Bereiche der Städte überwachen zu können. Experten sind sich eh einig, dass den WM-Touristen - abgesehen von Taschendiebstählen - wohl kaum etwas zustoßen werde, solange sie nicht abseits der Touristenpfade unterwegs sind. In der Regel verlaufen Großereignisse in Brasilien für Touristen stets problemlos. Staatspräsidentin Dilma Rousseff versichert, dass "die von uns aufgebaute Sicherheitsstruktur einem jeden die nötige Ruhe und Gelassenheit geben wird, um die Spiele zu genießen, die Feste zu feiern sowie die Schönheit unseres Landes kennenzulernen."

Spezialeinheiten für Nationalmannschaften

So gilt ein besonderes Augenmerk den Nationalmannschaften. Sie werden auf Schritt und Tritt von Dutzenden Polizisten und Soldaten begleitet. Besonderen Schutz erfahren die Mannschaften aus England und den USA. Während das US-Team von Jürgen Klinsmann neben den brasilianischen Sicherheitskräften auch auf den Schutz von Spezialagenten der eigenen Regierung zählt, trainiert das englische Team sogar in einer Militärkaserne in Rio. Dass trotzdem keine hundertprozentige Sicherheit zu garantieren ist, zeigte jedoch der spontane Badeausflug des niederländischen Teams am Montag. Die beiden Spieler Robin Van Persie und Daryl Janmaat wurden am traumhaften Ipanema-Strand von einem Kite-Surfer überrollt. Passiert sei ihnen aber nichts, so der Niederländische Verband.


Quelle:
KNA