Katholische Experten kritisieren die Aktion "Weihnachten im Schuhkarton"

Problematische Bescherung

"Weihnachten im Schuhkarton", das sind: Geschenke für Kinder, wirbt die Aktion. Eine gute Sache – sollte man meinen. Doch das Erzbistum Köln und andere Diözesen warnen: Hinter der Initiative stecke eine problematische Mischung aus Mission und Islamfeindlichkeit.

Autor/in:
Hendrik Buchheister
Der Internetauftritt des Vereins "Geschenke der Hoffnung" (DR)
Der Internetauftritt des Vereins "Geschenke der Hoffnung" / ( DR )

Bei 670 Kindergärten des Kölner Erzbistums ging kürzlich eine E-Mail ein. In Auftrag gegeben hatte sie Bernhard Riedl, in der Diözese zuständig für Bildung und Dialog. Der Betreff: die Aktion "Weihnachten im Schuhkarton", bei der Menschen in Deutschland Geschenke für arme Kinder in anderen Ländern packen. In deutlichen Worten bat Riedl die Kindergärten, bei der ursprünglich aus den USA stammenden Initiative nicht mitzumachen. Dahinter stecke eine "höchst evangelikale Organisation", deren Spenden-Modell im Widerspruch zu einer "vernünftigen Entwicklungsarbeit" stehe. Starker Tobak für ein Projekt, das beliebt ist bei Eltern und Kindern. Aber Riedl und das Kölner Erzbistum sind mit ihrer Kritik nicht alleine.



So raten die Bistümer Trier und München ebenfalls von der Aktion ab. Auch sie halten deren grundsätzliche Ausrichtung für fundamentalistisch und stoßen sich zudem an der islamfeindlichen Haltung von Franklin Graham, dem Präsidenten der zuständigen US-Dachorganisation "Samaritan"s Purse". Der Sohn des bekannten Erweckungspredigers Billy Graham bezeichnete den Islam nach den Anschlägen vom 11. September als "teuflisch und böse". Eine problematische Mischung aus Mission und Islamfeindlichkeit, findet der Weltanschauungsbeauftragte des Bistums Trier, Matthias Neff. "Christen sollten anderen Religionen auf Augenhöhe begegnen."



Auch praktische Kritik

Doch es gibt aus Sicht der Sektenfachleute auch praktische Kritik. Die Geschenke aus Deutschland gehen vor allem nach Osteuropa, in die Mongolei und nach Haiti, aus anderen Ländern auch nach Afrika. Für Neff ein wenig nutzbringender Ansatz. Es reiche nicht, notleidenden Heranwachsenden ein Geschenk zu machen und davon auszugehen, damit sei ihnen geholfen. "Diese Kinder brauchen nachhaltige Unterstützung, Bildung oder Medikamente zum Beispiel." Neffs Münchner Kollege Axel Seegers pflichtet ihm bei. Er frage sich, ob ein Kind in Afrika oder Asien überhaupt etwas mit einem Teddybären anfangen könne. "Es geht um Produkte aus unserer Hemisphäre, dahinter steckt unser Verständnis des Spielens." Damit könnten anderen Kulturkreisen europäische Verhaltensmuster aufgezwungen werden.



Für grenzwertig halten die Experten auch das Infomaterial, das "Samaritan"s Purse" mit den Schuhkartons an die Empfänger verteilt. Es handelt sich um ein buntes Heft, das mit einfachen Erzählungen für das Christentum wirbt. Und dabei auch vor Verallgemeinerungen nicht zurückschreckt. Ein Junge ist zum Beispiel zu sehen, der gesteht, ein Sünder zu sein und falsche Entscheidungen getroffen zu haben, bevor er dank seiner Hinwendung zu Gott wieder auf den Pfad der Tugend findet. Seegers findet das zu simpel. "Da ist dieser Dreiklang: Erst ist alles schlecht, dann kommt die Bekehrung, und dann ist alles gut."



Auf ihrer deutschen Internetseite gehen die Initiatoren von "Weihnachten im Schuhkarton" auch auf Kritik ein. Die Annahme des Infohefts sei keine Bedingung dafür, ein Geschenk zu bekommen. Natürlich sei ein einmaliges Präsent wenig geeignet, nachhaltige Entwicklungshilfe zu leisten. Aber jedes Päckchen bereite eine Freude, die lange nachhalle. Die grundsätzlichen Bedenken der katholischen Sektenexperten kann das aber nicht entkräften. Sie haben den Eindruck, die Aktion helfe eher den Schenkenden als den Beschenkten.