Die Mitgliederversammlung des kirchlichen Vereins hatte demnach schon am 25. Juni 2020 einstimmig die Einstellung seiner Tätigkeit beschlossen.
Benedikt XVI. pflegte Verbindungen zur Gemeinschaft
Die KIG entstand nach dem Zweiten Weltkrieg in München nach eigener Darstellung als "Ort für ein aufgeklärtes und unverkürztes Christentum". Mit ihr verbanden sich Hoffnungen auf einen kirchlichen Neuaufbruch. 1978 sprach der damalige Münchner Erzbischof Joseph Ratzinger die kirchliche Anerkennung aus. Auch als Papst Benedikt XVI. pflegte er lange Verbindungen zur Gemeinschaft, die in mehreren deutschsprachigen Diözesen, in Rom sowie in Tansania und Ungarn Niederlassungen unterhielt.
Die Augsburger Vereinsauflösung reiht sich ein in mehrere ähnliche Vorgänge in anderen Diözesen. Zuletzt hob der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker die "Gemeinschaft der Priester im Dienst an Integrierten Gemeinden" im vergangenen Herbst auf. Das Verfahren ist aber nach einer aktuellen Auskunft der Paderborner Bistumspressestelle noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.
2020 hatte der Münchner Kardinal Reinhard Marx die KIG in seiner Erzdiözese kirchenrechtlich aufgelöst, nachdem Prüfer Erkenntnisse über schwerwiegende Missstände in der Gruppe gewonnen hatten.
Ehemalige Mitglieder schilderten geistliche Manipulationen in einem System psychischer und finanzieller Abhängigkeit. Es habe überzogene Gehorsamsforderungen, undurchsichtiges wirtschaftliches Handeln, kompromisslose Ausgrenzung von Kritikern sowie eine "unkontrollierte Machtausübung im Namen des Heiligen Geistes" gegeben, so die Prüfer.
Vertreter der KIG wiesen dies als "böswillige Verleumdung" zurück.
Auch Benedikt XVI. distanzierte sich
Nach dem Abschluss der Visitation distanzierte sich im Herbst 2020 auch Benedikt XVI. öffentlich von der Gruppe. Er sei über manches in ihrem Innenleben "nicht informiert oder gar getäuscht" worden.
Im oberbayerischen Urfeld am Walchensee betrieb die KIG auf Augsburger Bistumsgebiet mehrere Jahrzehnte ein Fest- und Begegnungshaus. Die Pfarreien Walchensee und Hergensweiler waren zeitweise Priestern der KIG zur Leitung anvertraut. Die zivilrechtlichen Vereine der KIG haben sich inzwischen umbenannt.
Ein ehemaliges Mitglied der KIG aus dem Münchner Vorort Neubiberg hat unter der Adresse www.exigler.de eine Website in Betrieb genommen mit umfassenden Informationen über die Gruppe, Dokumenten und Erfahrungsberichten Ehemaliger. Im Volltext nachzulesen ist dort auch eine Bachelorarbeit mit dem Titel "Geistlicher Missbrauch in der Katholisch-Integrierten Gemeinde (KIG)", die im vergangenen Sommersemester von einer Studentin der Religionspädagogik an der Universität Wien geschrieben wurde.
Als ein zentrales Element geistlichen Missbrauchs markiert die Autorin eine "lückenlose Überwachung des Familienlebens innerhalb der KIG". Partnerschaften und Ehen seien "arrangiert und ebenso zerstört" worden, "wenn sie unpassend erschienen".
Zuletzt berichtete das Bayerische Fernsehen in einer Dokumentation mit dem Titel "Geknechtet unterm Kreuz. Leben in einer katholischen Sekte" über die KIG im Dezember 2021.
Mehrere ehemalige Mitglieder der Gruppe fordern weiterhin eine umfassende Aufarbeitung der Geschichte der "Katholischen Integrierten Gemeinde" und haben sich diesbezüglich persönlich an den Münchner Kardinal Reinhard Marx gewandt.