Katholische Kirche begrüßt Neuregelung der Organspende

Hauptsache freiwillig

So viel Einigkeit ist selten: Mit breiter Mehrheit hat der Bundestag die Entscheidungslösung bei der Organspende beschlossen. Auch Ethikratsmitglied Weihbischof Anton Losinger begrüßt die neue Regelung, besonders, dass es keinen Zwang bei der Entscheidung gebe: "Eine Spende ist nur dann eine Spende, wenn sie frei ist."

 (DR)

Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch lobte den Aspekt der Freiheit bei der Entscheidung, und das Lebendspender künftig besser abgesichert seien. Die Spende bezeichnete Zollitsch als "Ausdruck großherziger Solidarität".



"Es ist ein gutes und richtiges Element, dass nun in der Breite die Bundesbürger gefragt werden und um eine Erklärung zur Spendenbereitschaft gebeten werden",  sagte der Augsburger Weihbischof Anton Losinger am Freitag im domradio.de-Interview. Er begrüßte, dass das Element der Zustimmung zu einer Spende weiter Bestand habe. "Aus der Sicht der Kirche hat das ein weiteres positives Signal, nämlich, dass die von uns geforderte Freiheit der Entscheidung gewahrt bleibt." Das entgegengesetzte System der Widerspruchslösung wie sie beispielsweise in Österreich gilt, wäre für die Kirche "nicht akzeptabel" gewesen.  



Auch die Caritas im Erzbistum Köln begrüßte die beschlossene Änderung des Transplantationsgesetzes. Durch die sogenannte Entscheidungslösung müssten sich die Menschen nun mit dem Thema Organspende befassen, blieben aber frei von gesellschaftlichem Druck, erklärte der Direktor des Diözesan-Caritasverbandes, Frank Johannes Hensel, in Köln. "Mit der Reform reagieren die Parteien endlich auf eine bisher oft ungeklärte Bereitschaft, die auf Kosten der Überlebenschancen von Menschen geht." Das Thema gehe jeden etwas an, betonte Hensel: "Jeder sollte sich mindestens einmal in seinem Leben mit der Frage der Organspende beschäftigen und sich gut informieren."



Krankenversicherungen informieren ihre Mitglieder

Die Organspende in Deutschland wird neu geregelt. Die weit überwiegende Mehrheit der Bundestagabgeordneten stimmte am Freitag in Berlin für die sogenannte Entscheidungslösung, wonach künftig jeder Bürger von den Krankenkassen regelmäßig zu einer Entscheidung zur Organspende aufgefordert werden soll. Außerdem beschlossen die Parlamentarier Änderungen beim Ablauf der Organspende und Verbesserungen im Versicherungsschutz für Lebendspender.



Die Verankerung der Entscheidungslösung im Gesetz war zwischen Vertretern aller Fraktionen ausgehandelt worden. Krankenversicherungen müssen künftig in regelmäßigen Abständen Versicherten ab 16 Jahre Informationsmaterial zur Organspende zur Verfügung stellen. Der Post soll auch der Organspende-Ausweis im Chipkarten-Format beiliegen. Er ist momentan für Ärzte die sicherte Antwort auf die Frage, ob ein Patient nach dem Hirntod Organe spenden will oder nicht. Für die Zukunft ist daran gedacht, die Entscheidung zur Organspende auch auf der elektronischen Gesundheitskarte zu speichern.



12.000 Menschen warten auf ein Spenderorgan

Von der stärkeren Aufklärung der Bürger versprechen sich die Politiker eine Erhöhung der Zahl potenzieller Organspender. In Deutschland warten derzeit rund 12.000 Menschen auf ein Spenderorgan. Das neue Gesetz sei ein starkes Signal, um den Menschen zu sagen: "Gebt euch einen Ruck - am besten für die Organspende", sagte Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) im Bundestag.



Beschlossen wurde auch eine Änderung des Transplantationsgesetzes. Demnach werden Krankenhäuser mit Intensivstationen, in denen Organe entnommen werden können, zur Bestellung mindestens eines Transplantationsbeauftragten verpflichtet. Er soll unter anderem potenzielle Organspender melden und Gespräche mit Angehörigen führen.



Zudem haben Lebendspender nach dem Gesetz künftig Anspruch auf eine sechswöchige Lohnfortzahlung. Dafür soll die Krankenkasse des Organempfängers aufkommen. Anders als andere Beschäftigt sollen Lebendspender außerdem Krankengeld in Höhe des ausgefallenen Arbeitseinkommens bekommen. Auch das Aufkommen der Unfallversicherung für eventuelle Spätfolgen einer Organentnahme wurde geregelt.



Deutsche Stiftung Organtransplantation in der Kritik

Überschattet wurde die Abstimmung über das Gesetz von Vorwürfen wegen Vetternwirtschaft gegen die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO), die in Deutschland als zentrale Koordinierungsstelle die Organspende organisiert. Die Linkspartei lehnte den Entwurf der Bundesregierung ab, die Grünen enthielten sich, weil ihnen die Möglichkeiten zur Kontrolle der Stiftung nicht ausreichen. Zudem hatten sie Bedenken gegen einen Passus, der die Weitergabe personenbezogener Daten von Organspendern zu Forschungszecken erlaubt.



"Wir müssen auch die Kritik, die in der letzten Zeit über die DSO hereingebrochen ist, mit aller Klarheit aufnehmen", forderte Weihbischof Losinger. Es müsse eine Klarheit der Vorgänge der Organspende herrschen, die Frage der Gerechtigkeit, der Verteilung müsse geregelt sein, betonte Losinger.



Die Stiftung wies indes den Vorwurf mangelnder Transparenz am Freitag im WDR zurück. Infolge der Vorwürfe hatte der Stiftungsrat Anfang Mai einen "Masterplan" beschlossen, der mehr Transparenz über die wirtschaftlichen Ergebnisse der Stiftung für die Öffentlichkeit schaffen soll. Union, FDP und SPD begrüßten diesen Plan. Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Karl Lauterbach, sagte dem Berliner "Tagesspiegel" (Freitagsausgabe) aber, dass die Stiftung "auf Bewährung unterwegs" sei.



Skeptisch äußerte sich die Deutsche Hospiz Stiftung. Verbandschef Eugen Brysch erklärte, es sei an der Zeit gewesen, die am Organspende-Ablauf beteiligten Organisationen unter parlamentarische Kontrolle und Führung zu stellen. Verantwortlich für den Mangel an Organspendern sei auch mangelnde Transparenz. Mehr Werbung für Organspende werde das Problem nicht lösen, sagte Brysch.