DOMRADIO.DE: Vorweg: Haben Sie ein Tattoo?
Martina Kreidler-Kos (Leiterin der Abteilung Seelsorge im Bistum Osnabrück): Noch nicht. Aber heute Abend werde ich eines haben. Ich werde ein Tau gestochen bekommen, das ist ein altes biblisches Segenszeichen. Und es ist vor allem das Zeichen der Freunde des Franz von Assisi und der Freundinnen von Klara von Assisi.
DOMRADIO.DE: Das ist dann auch für Sie heute aufregend, oder?
Kreidler: Unbedingt.
DOMRADIO.DE: "Wenn Glaube unter die Haut geht" haben Sie sich als Motto überlegt. Wortwörtlich ist die eine Seite, also das Tattoo. Wie deuten Sie die andere im übertragenen Sinne?
Kreidler: Tattoos haben ganz oft mit Erfahrungen von Menschen zu tun, mit Lebens- und auch mit Glaubensgeschichten.
Es gibt Menschen, die zeigen, dass ihr Glaube unter der Haut geht. Und genau diese Geschichten, die Glaubens- und Lebensgeschichten, interessieren uns - und deshalb machen wir diesen Tag.
DOMRADIO.DE: Also, Sie interessiert die Geschichten dahinter. Muss Kirche heute so etwas veranstalten, so ein Event und das in der Kirche? Bringt das wirklich die Leute wieder in die Kirche?
Kreidler: Müssen tut sie es natürlich nicht. Aber: Ganz viele gläubige Menschen tragen ein Tattoo. Es geht gar nicht nur darum, Leute zurück in die Kirche zu bringen, sondern die, die ihren Glauben so zum Ausdruck bringen, mal wahrzunehmen und wertzuschätzen und zu sagen: Erzählt uns mal davon. Warum ist euch das so wichtig, dass ihr euch so erkennbar macht? Und deshalb werden wir mit einem Gottesdienst starten, aber dann eben auch Open-Mic-Sessions machen, wo Menschen über diese Geschichten und eben über ihre Glaubensgeschichten erzählen werden.
DOMRADIO.DE: Das fällt natürlich unter das Stichwort Seelsorge. Es gibt zwei Tätowierer:innen und während sie die Tattoos stechen, kann man dabei sein. Wenn der Gottesdienst vorbei ist, fangen die Live-Tattoo-Sessions an. Vielleicht will der ein- oder andere Besucher ja selbst ein kleines Tattoo bekommen. Für wen ist das heute was? Kann ich noch teilnehmen? Und wenn ich jetzt nicht selbst ein Tattoo haben möchte oder bekommen kann, was erwartet die anderen Gäste?
Kreidler: Sie können unbedingt und sehr gerne teilnehmen. Wir haben tatsächlich Time Slots verteilt, damit das ein bisschen geordnet verläuft, aber die sind so großzügig berechnet, dass es durchaus Lücken dazwischen gibt. Kurz Entschlossene sind herzlich willkommen. Und die anderen können gerne zuschauen, nachfragen, hören oder von den Tattoos erzählen, die sie selber haben. Es wird den ganzen Tag ein Programm geben und hoffentlich bis 16 Uhr in Sankt Johann viel los sein.
DOMRADIO.DE: Sich tätowieren zu lassen ist ja auch eine uralte christliche Tradition. Die Bilder bleiben ewig auf dem eigenen Körper. Man kann sie mehr oder weniger öffentlich tragen. Welche Bedeutung haben die Motive denn als verewigtes Glaubenszeugnis?
Kreidler: Ich vermute tatsächlich, es ist ein Bekenntnis. Viele Menschen tragen ja christliche Symbole ohnehin als Schmuck und zeigen das so, und es gibt eben auch die Möglichkeit, das ganz nah zu holen. Das ist für mich so ein Grund. Ich trage immer ein Tau an der Tasche als Schmuckstück mit mir. Jetzt war der Moment, wo ich dachte, ich möchte es noch näher zu mir holen.
DOMRADIO.DE: Das ist schon ihre Geschichte des Tattoos, das heute ja erst entsteht. Gibt es Geschichten, die Sie schon im Laufe der Vorbereitung vielleicht gehört haben, rund um Tattoos? Also gibt es da ein Beispiel?
Kreidler: Wir hatten im Bistum hier in Osnabrück, im Forum am Dom, im letzten Herbst eine Ausstellung zu Trauer-Tattoos. Das ist ganz oft eine Möglichkeit für Menschen zum Beispiel nach dem Verlust eines geliebten Partners, einer Partnerin oder eines Kindes auf diese Weise etwas von dieser Trauer zu zeigen und auch zu verarbeiten.
Ein anderes Beispiel: Wir haben hier einige Mitarbeitende im Bistum, die ganz viel tätowiert sind - mit einem Kreuz, einem Anker, einem Herz, einer Friedenstaube. Auch unsere eigenen Leute tragen ihren Glauben auf der Haut.
Das Interview führte Katharina Geiger.