An diesem Donnerstag feiert die Katholische Militärseelsorge mit einem Festgottesdienst in der Kölner Basilika Sankt Gereon ihr 60-jähriges Bestehen. Eigentlich gilt der 4. Februar 1956 als Gründungsdatum. An diesem Tag wurde der damalige Erzbischof von München und Freising, Kardinal Joseph Wendel, zusätzlich zum Katholischen Militärbischof für die Bundeswehr ernannt. Der amtierende Militärbischof Franz-Josef Overbeck möchte aber mit der Feier an den ersten Soldatengottesdienst anknüpfen, den der damalige Kölner Kardinal Josef Frings 1956 mit rund 400 Soldaten feierte.
Die Zurückhaltung mag nicht nur dem nicht ganz so runden Jubiläum geschuldet sein. Die vor allem in den vergangenen zehn Jahren gewachsene weltweite Verantwortung der Bundeswehr nimmt auch die Seelsorger in die Pflicht. "Die unmittelbare Erfahrung mit Tod und Verwundung, der Umgang mit militärischer Gewaltanwendung, das Leben auf längere Zeit fernab von Ehefrauen, Ehemännern, Kindern, Partnern und Freunden - das alles prägt und fordert Seelsorge in den Einsätzen heraus", so der Generalvikar des Katholischen Militärbischofs, Reinhold Bartmann.
Für die Familien da
Damit ist eine weitere Hauptaufgabe benannt: die Begleitung der Familienangehörigen an den Heimatstandorten. Die lange Abwesenheit und ständige Ungewissheit der Partner wird für viele Beziehungen zur Zerreißprobe. Gerade mit Blick auf dieses Anliegen fand die Militärseelsorge inzwischen im Zentralinstitut für Ehe und Familie in der Gesellschaft (ZFG) an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt einen wichtigen Kooperationspartner.
Dieser Tage sind katholische Militärpfarrer zur seelsorgerlichen Einsatzbegleitung an verschiedensten Auslandsstandorten wie im zypriotischen Limassol, von wo auch der Libanoneinsatz begleitet wird oder in Kabul sowie im Rahmen der NATO Response Force (RF). Weitere Geistliche begleiten die Einsatzkräfte im afrikanischen Dschibuti, im türkischen Incirlik, im Kosovo und in Mali. Dies geschieht angesichts der Personalknappheit inzwischen zumeist abwechselnd mit der evangelischen Militärseelsorge.
Im Einsatz stärken
Trotz rückläufiger Berufungen für das Priesteramt schafft es das Militärbischofsamt nach Bartmanns Worten, die "Verpflichtungen gegenüber dem Staat zu erfüllen". Das geschieht längst "im guten ökumenischen Zusammenwirken mit der evangelischen Militärseelsorge" unterstreicht er.
Militärbischof Franz-Josef Overbeck sieht eine wesentliche Aufgabe der Militärseelsorge ferner darin, "das moralische Verantwortungsbewusstsein der Soldaten im Einsatz zu stärken: Die Bundeswehr braucht fähige Leute, die ihre Entscheidungen ethisch reflektieren". Expertise liefern hier das Institut für Theologie und Frieden und das Zentrum für ethische Bildung in den Streitkräften (zebis) in Hamburg.
Herausforderung und Chance
Die Tatsache, dass zumal seit der Wiedervereinigung zunehmend weniger konfessionell gebundene Soldaten in der Bundeswehr dienen, ist für Bartmann Herausforderung und Chance zugleich. Denn die Nachfrage nach seelsorglicher Begleitung ist nicht zurückgegangen. Im Gegenteil. Der Lebenskundliche Unterricht wird für viele Soldaten zum Anknüpfungspunkt für sehr existenzielle Fragen, und die Seelsorger sind bei Auslandseinsätzen gesuchte Gesprächspartner - nicht zuletzt, weil sie nicht in die Bundeswehrhierarchie eingebunden sind.
"Auch in der säkularen Bundeswehr ist es möglich, Seelsorge praktisch werden zu lassen", so Bartmann. "Wir tun dies nicht mit zwanghaft missionarischen und sich aufdrängenden Angeboten, sondern wollen durch die Qualität unseres Engagements überzeugen." Seit 1958 gehört dazu die Internationale Soldatenwallfahrt nach Lourdes. In diesem Jahr war während des Besuchs im südfranzösischen Marienheiligtum vom 18. bis 24. Mai auch eine gute Zukunft für die Militärseelsorge im 60. Jahr ihres Bestehens ein Gebetsanliegen.
Und der gesellschaftliche Wandel könnte noch weitere Auswirkungen haben. So plädiert Overbeck für den Aufbau einer muslimischen Militärseelsorge mit Blick auf rund 1.500 bekennende muslimische Soldaten und die in Deutschland geltende Religionsfreiheit.