DOMRADIO.DE: Wo sehen Sie die größten Schwächen der derzeitigen Familienpolitik?
Ulrich Hoffmann (Präsident des Familienbundes der Katholiken): Die letzte Periode war leider gekennzeichnet von großen Begriffen, aber wenig Ertrag für die Familien. Das betrifft im Grunde die drei großen Säulen der Familienpolitik: Zeit, Geld und Infrastruktur. In allen drei Bereichen ist leider die vergangene Periode für die Familien keine gute Periode gewesen.
DOMRADIO.DE: Wie kann oder sollte aus Ihrer Sicht eine gerechte und zukunftsorientierte Familienpolitik aussehen? Was sind dabei die wichtigsten Kriterien?
Hoffmann: Viele Familien beklagen ja den Zeitmangel, noch mehr als den Geldmangel. Es bräuchte gerade für junge Familien mehr Flexibilität in der Einteilung ihrer Zeit. Ein Beispiel dafür wäre etwa die Partnermonate bei der Elternzeit; dass Väter die Partnermonate noch mehr nutzen können. Denn das ist eine Erfolgsgeschichte, die Partnermonate. Mehr Flexibilität wäre hier sicherlich eine wichtige Maßnahme, gerade für junge Familien.
DOMRADIO.DE: Welche Rolle spielt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei Ihren Forderungen? Welche konkreten Maßnahmen schlagen Sie noch vor, um diese Vereinbarkeit zu verbessern?
Hoffmann: Die Zeit ist ein wichtige Säule. Das Zweite wäre dann die Infrastruktur. Familien mit kleinen Kindern brauchen verlässliche Kita-Einrichtungen. Wir merken im Moment, dass sich viele Familien nicht wirklich auf die Kita-Strukturen verlassen können. Allzu oft müssen Kita-Gruppen wegen Personalmangel oder ähnlicher Dinge schließen. Das ist kein Vorwurf gegen die Erzieherinnen und Erzieher, die hervorragende Arbeit leisten. Nur die versprochene Struktur mit verlässlichen Einrichtungen für Kinder besteht leider nicht. Ähnliches besteht auch für Familien, in denen jemand gepflegt werden muss. Denn hier sind ebenfalls Einrichtungen etwa zur Tagespflege viel zu wenig vorhanden und auch dort lässt die Verlässlichkeit stark zu wünschen übrig.
DOMRADIO.DE: Ein wichtiger Punkt ist auch die finanzielle Unterstützung von Familien. Wie sollte diese Ihrer Meinung nach aussehen, um Familien zu entlasten?

Hoffmann: Da sind verschiedene Faktoren wichtig. Zum einen, dass die Familienförderung auch dynamisiert wird. Dass die Leistungen im Bereich des Kindergeldes und Erziehungsgeldes festliegen und nicht an steigende Inflationen angepasst werden. Hier brauchen wir eine Dynamisierung. Wir brauchen auch endlich eine Neuberechnung des kindlichen Existenzminimums, das von der Steuer freizustellen ist. Hier wird seit langen Jahren viel versprochen, aber leider Gottes relativ wenig unternommen.
DOMRADIO.DE: Sie haben diese familienpolitischen Positionen des Familienbundes thematisch geordnet und dann den aktuellen Plänen der Parteien gegenübergestellt.
Hoffmann: Ja. Wir haben einmal geschaut, was die Parteien den Familien versprechen. Zum einen kann man sagen, dass hier die Worte der Parteien recht dürftig sind in Richtung der Familien. Man merkt womöglich die Kürze der Zeit dieses Wahlkampfes. Hier wird wenig ambitioniert in Richtung von Familienpolitik geschrieben und gesprochen wird. Man kann nur hoffen, dass die Bedeutung der Familienpolitik nach dieser Wahl auch für ein gelingendes Staatswesen wieder mehr erkannt wird, als das die Parteiprogramme erkennen lassen.
Das Interview führte Dagmar Peters.