domradio.de: Was fällt einem auf, wenn man auf die politisch rechten Seiten in den Sozialen Medien wie Facebook oder Instagram schaut?
Lisi Maier (Bundesvorsitzende der Deutschen Katholischen Jugend/BDKJ): Wir beobachten schon seit längerer Zeit, dass rechte Gruppierungen erst verharmlosende Themen ansprechen und dann versuchen, durch die Hintertür Kontakt aufzunehmen. Dies gelingt durch Themen, bei denen sie wissen, dass diese für junge Menschen interessant sind, beispielsweise Tierschutz oder Nachhaltigkeit. Dadurch ködern sie die jungen Menschen Stück für Stück für ihre Themen. Dabei sind die Ausdrucksformen auch anders.
Wir sehen europaweit die génération identitaire, die neue rechte Bewegung der Identitären. Diese Gruppe ist auch im Netz aktiv, wobei man oft erst ab der zweiten Minute in deren Videos erkennt, was dahinter steckt und welches Gedankengut damit transportiert werden soll. Am Anfang der Videos werden nämlich die normalen Sorgen und Nöte von jungen Menschen thematisiert. So versucht man, an junge Menschen heranzutreten und Ihnen deutlich zu machen, dass man über ihre Problemlagen Bescheid wisse. All das wird über ein sehr jugendliches Auftreten versucht.
Zudem wissen wir mittlerweile, dass diese Netzwerke und Akteure von Strukturen, wie der NPD oder anderen rechten Bewegungen, die auch schon seit vielen Jahrzehnten ihr Unrecht treiben, gefördert werden.
domradio.de: Wie bekommt man denn als Jugendlicher heraus, dass man auf einer Seite ist, die rechtes Gedankengut verbreitet?
Maier: Ich glaube es ist wichtig, aufmerksam zu sein. Wir bieten immer wieder Seminare an, wo wir aufzeigen, wie junge Menschen gegen Hass im Netz vorgehen können.
Wenn man den Eindruck hat, dass etwas nicht stimmt, muss man wissen, wie und wo man im Netz dagegen agieren kann, um andere davor zu schützen. Denn wenn man erkennt, welche Seiten man zu welchem Zeitpunkt melden muss, sollte man auf bestimmten Internetseiten darauf hinweisen, dass diese Seiten gefährlich sind.
domradio.de: Kann man als Nutzer gefährliche Seiten an der Wortwahl oder der Bildsprache erkennen? Oder gibt es andere konkrete Tipps, um so etwas herauszufinden?
Maier: Grundsätzlich ist es so, dass auf die Bildsprache und die Wortwahl zu achten ist. Allerdings variieren die Strategien von Gruppe zu Gruppe. Daher geben wir jungen Menschen immer mit auf den Weg, dass sie aufmerksam seien sollen.
Dort, wo Hass im Netz anfängt und sie merken, dass gegen Gruppen gehetzt wird, oder auch Personen aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Nationalität und ihrer Sprache deformiert werden, muss deutlich werden, dass da etwas nicht richtig ist. An dieser Stelle müssen dann auch Seiten gemeldet werden.
domradio.de: Sie sprechen mit den jungen Leuten als BDKJ, als Jugendbund der katholischen Kirche. Zudem haben Sie auch eine eigene Aktion ins Leben gerufen. Die heißt: "Zukunftszeit - Gemeinsam für ein buntes Land". Wie sieht das genau aus? Was machen Sie da?
Maier: Bei "Zukunftszeit - Gemeinsam für ein buntes Land" sammeln wir im Vorfeld der Bundestagswahl 35.000 Stunden Engagement für ein buntes, tolerantes und vielfältiges Land und zugleich gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus, egal ob ihm Netz oder woanders.
Wir machen das mit Aktivitäten wie einer Fahrraddemo gegen Rechtsextremismus oder politischen Videobotschaften im Netz. Weiterhin hat man auch die Möglichkeit, interreligiösen oder interkulturellen Austausch zu initiieren. Diese Stunden, die dann die Gruppen vor Ort, beispielsweise mit jungen Geflüchteten, sammeln, kann man dann auf unserer Seite www.zukunftszeit.de eintragen. Auf dieser Seite hat man auch die Möglichkeit, auf Bildungsmaterial zurückzugreifen, bei dem es genau um solche Fragestellungen geht: Welche Internetseiten sind problematisch? Wie kann man bei Hass im Netz oder im sozialen Umfeld agieren?
Wir wissen, dass es in vielen Regionen in Deutschland auch rechte Gruppierungen gibt, die in offene Jugendzentren reingehen. Hier versuchen sie, junge Menschen mit anderen Strategien an sich zu binden.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.