DOMRADIO.DE: Zunächst mal – ein zusätzlicher gesetzlicher Feiertag für die Menschen im Norden – ist das in Ihren Augen auch eine Frage der Gerechtigkeit?
Beate Bäumer (Leiterin des katholischen Büros Kiel): Ach, bislang sind wir natürlich auch mit den neun Feiertagen ganz gut ausgekommen. Ich finde es aber ganz attraktiv und den Gedanken gut, einen zusätzlichen gesetzlichen Feiertag zu haben. Wir sind sehr für einen solchen Tag, den man auch kirchlich begehen oder für sein Ehrenamt nutzen kann und der einfach auch noch mal eine Pause vom Alltag ist. Grundsätzlich wäre also so ein zusätzlicher Feiertag zu begrüßen.
DOMRADIO.DE: Die katholische Kirche würde lieber den Buß- und Bettag als neuen Feiertag sehen, ebenfalls einen Feiertag der evangelischen Kirche. Warum lieber den als den Reformationstag?
Bäumer: Die grundsätzlichen katholischen Bedenken am Reformationstag bleiben natürlich. Der 31. Oktober ist schlicht und ergreifend für Katholiken ein Datum, das an eine Trennung erinnert. Ich glaube ganz einfach, der Buß- und Bettag eint mehr. Nicht nur evangelische und katholische Christen. Die Themen 'Buße tun' und 'Beten' verbinden auch darüber hinaus.
DOMRADIO.DE: Die Katholiken sind in Norddeutschland in der Minderheit und werden sich mit diesem Vorschlag nicht durchsetzen können. Sagen Sie dann: Besser den Reformationstag als keinen zusätzlichen Feiertag?
Bäumer: Im Moment geht es für mich gar nicht um diese Frage. Im Moment wundere ich mich eher, mit welchem Tempo hier seitens der Politik so ein Feiertag herbei gezerrt werden soll. Was mir wirklich fehlt, das ist mir auch in den letzten Wochen noch einmal bewusst geworden, ist eine breite gesellschaftliche Debatte über einen weiteren solchen Feiertag. Aus meiner Sicht wäre das zum jetzigen Zeitpunkt eigentlich angesagt.
DOMRADIO.DE: Wie erklären Sie sich das denn, dass die Landeschefs da so voranpreschen?
Bäumer: Ich weiß es nicht wirklich und verstehe es nicht. Es brennt nichts an, es passiert nichts Schlimmes, wenn der Feiertag jetzt nicht sofort eingeführt wird. Ich denke einfach, dass es sich hier um ein Geschenk handelt und da sollten wir uns doch die Zeit nehmen, darüber breit zu diskutieren. Gerade mit all den Bedenken, Freuden und Ängsten, die in den letzten Wochen so genannt worden sind.
DOMRADIO.DE: Scharfe Kritik an dem Vorhaben kommt aus der Jüdischen Gemeinde, die auf den Antisemitismus Luthers verweist. Teilen Sie diese Bedenken?
Bäumer: Wenn ich die jüdische Perspektive einnehme, dann kann ich das aus deren Sicht schon nachvollziehen. Hier zeigt sich doch wieder ein Teil des Gesamtproblems. Da kommt Kritik von den jüdischen Gemeinden, den Muslimen, von Wirtschaftsvertretern und auch von uns Katholiken. Das wird seitens der Politik – so jedenfalls empfinde ich es – einfach weggewischt, unbeachtet gelassen. Das finde ich schon ein bisschen befremdlich und das bringt mich noch mal dazu zu sagen: Jetzt setzt euch doch bitte auch damit auseinander!
DOMRADIO.DE: Und was sagen Sie dazu, dass die Wirtschaft am liebsten bei der alten Regelung, also wirklich sehr wenigen gesetzlichen Feiertagen bleiben würde?
Bäumer: Ich bin keine Wirtschaftsfachfrau. Natürlich habe ich diese Kritik auch schon gehört, vor allem von Mittelstandsunternehmen. Ich glaube aber, davon wird die norddeutsche Wirtschaft nicht untergehen, dass es noch einen zusätzlichen Feiertag gibt. Aber auch hier fehlt wieder Diskurs; innerhalb eines solchen Diskurses könnten wir vielleicht mit dem Märchen von Hamburg als Mittelpunkt der Welt aufräumen. Das fällt mir nämlich schon schwer nachzuvollziehen, warum es zum Beispiel ganz Niedersachsen darum geht, eine Einheitlichkeit mit Hamburg herzustellen.
Ich selbst komme aus dem südlichen Niedersachsen, das ist 280 Kilometer von Hamburg entfernt, aber 10 Kilometer von Nordrhein-Westfalen. Da ist doch eher entscheidend, dass zum Beispiel an Fronleichnam alle Nordrhein-Westfalen frei haben und rüberkommen zum Einkaufen. Das Hamburger Einzugsgebiet ist groß, der Speckgürtel ist dick, aber irgendwo endet er dann doch auch mal!
Das Gespräch führte Milena Furman.