Unions-Fraktionschef Volker Kauder forderte Erdogan zu einem Bekenntnis zu religiöser Toleranz auf. "Erdogan könnte hier einmal ein deutliches Bekenntnis zur Religionsfreiheit in der Türkei ablegen. Denn er will ja mit der Türkei auch nach Europa", zitiert Spiegel Online am Montag den CDU-Politiker. Kauder gilt als Kritiker eines EU-Beitritts der Türkei. Erst im vergangenen Sommer hatte er weitere Beitrittsverhandlungen davon abhängig gemacht, dass der türkische Staat die Rechte der Christen stärker respektiere.
Ministerpräsident Erdogan wird am Dienstag zu einem Meinungsaustausch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Berliner Kanzleramt erwartet. Anschließend will sich der Politiker im Berliner Tempodrom an seine türkischen Landsleute wenden. Anlass sind die am 30. März bevorstehenden Kommunalwahlen sowie die Wahl des Präsidenten, über die erstmals die Bevölkerung direkt befindet - einschließlich der im Ausland lebenden Türken. Mit einem ähnlichen Auftritt in Köln hatte Erdogan 2008 für eine heftige Debatte zum Thema Integration gesorgt. Damals warnte er die rund drei Millionen Deutsch-Türken davor, sich zu assimilieren. Eine solche "kulturelle Verschmelzung" sei ein "Verbrechen gegen die Menschlichkeit".
"Wir glauben an die Religionsfreiheit"
Unterdessen kritisierte die türkische Regierung den Kölner Kardinal Joachim Meisner wegen dessen Äußerungen über christliche und muslimische Familien. Kein Mensch sei mehr wert als der andere, sagte der für die Auslandstürken zuständige Minister Emrullah Isler nach
türkischen Medienberichten. Isler, der am Montag Köln besuchte, nannte Meisners Äußerung eine "unglückliche Bemerkung", die auch in Deutschland für Irritationen gesorgt habe.
Isler, Mitglied der islamisch-konservativen Partei AKP, betonte weiter, im Islam gebe es keinen Zwang, die eine oder andere Religion anzunehmen. "Das sehen Sie, wenn Sie den Koran lesen", sagte er. "Wir glauben an die Religionsfreiheit", so der Minister.