Kazimierz Swiatek, zweitältester Kardinal, ist tot

Im Pensionsalter wurde er Bischof

Kazimierz Swiatek, zweitältester Kardinal der Welt und Symbolfigur des Wiederaufbaus der katholischen Kirche in Weißrussland, ist tot. Er starb am Donnerstag im Alter von 96 Jahren in einem Krankenhaus im weißrussichen Pinsk. Nach einem Knochenbruch Anfang März hatte sich der Gesundheitszustand Swiateks zusehends verschlechtert.

 (DR)

Ganz aktiv leitete er noch im hohen Alter von 95 Jahren sein weißrussisches Bistum Pinsk. Während andere Bischöfe meist mit 75 Jahren in den Ruhestand gehen, war Kardinal Kazimierz Swiatek noch rege in der Diözese im Süden des Landes unterwegs. Am Donnerstagmorgen starb der mit 96 Jahren zweitälteste Kardinal der Welt in einem Pinsker Krankenhaus, nur wenige Wochen nachdem Papst Benedikt XVI. sein Rücktrittsgesuch angenommen hatte.



Swiatek gilt als prägendste Persönlichkeit des starken Aufschwungs der katholischen Kirche in Weißrussland seit der Unabhängigkeit der ehemaligen Sowjetrepublik 1991. Als sich das Land von Moskau lossagte, machte Papst Johannes Paul II. (1978-2005) ihn zum ersten Erzbischof der Hauptstadtdiözese Minsk. Gleichzeitig wurde er Apostolischer Administrator von Pinsk. Von 1999 bis 2006 war er Gründungsvorsitzender der Weißrussischen Bischofskonferenz.



Glück im Krieg

Nur mit Glück überlebte Swiatek den Zweiten Weltkrieg. Zweimal wurde er zum Tode verurteilt. Zuerst 1941 von den sowjetischen Besatzern im Zuge des Kampfes gegen die Religionen; zwei Monate saß er in der Todeszelle. In den Wirren des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion konnte er fliehen. Die Nationalsozialisten nahmen ihn später wieder fest und beschlossen seine Erschießung; die Sowjetarmee befreite ihn.



1944 deportierten ihn die Sowjets für zehn Jahre ins Arbeitslager, zunächst nach Sibirien und in den äußersten Norden des Landes, nördlich des Polarkreises. Danach kehrte Swiatek nach Pinsk zurück, wo ihm früh der Wiederaufbau der Kathedrale gelang. Bei mehreren Bischofssynoden berichtete er im Vatikan über das Schicksal der Christen während der kommunistischen Unterdrückung.



Priesterweihe

Geboren wurde Swiatek am 21. Oktober 1914 in der damals zu Russland gehörenden estnischen Kleinstadt Valga (Walk). Im April 1939 wurde er in Pinsk zum Priester geweiht; bald danach folgten für ihn Jahre der Verfolgung und der Haft. 1954 aus der Zwangsarbeit in Sibirien zurückgekehrt, wirkte er dreieinhalb Jahrzehnte als Pfarrer. Erst mit 76 Jahren, nach dem üblichen Pensionsalter, wurde er Bischof. Als erster Weißrusse erhielt Swiatek 1994 den Kardinalsrang. Johannes Paul II. verlieh ihm zudem 2004 den Preis "Fidei testis" (Zeuge des Glaubens). Frankreich zeichnete ihn 2006 mit dem Orden eines Kommandeurs der Ehrenlegion aus.



2006 löste Tadeusz Kondrusiewicz ihn als Erzbischof von Minsk ab, Ende Juni 2011 auch als Apostolischer Administrator von Pinsk. Bereits seit Mai 2010 war er allerdings gesundheitlich schwer beeinträchtigt. Er hatte sich einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen, erst im Januar kehrte er von einer mehrmonatigen Rehabilitation in Polen in seine Heimat zurück. Anfang März erlitt er erneut einen Knochenbruch; es folgten Komplikationen. Seither wurde er in einem Krankenhaus in Pinsk behandelt. Die letzten Monate verbrachte er im Koma.



Würdigungen

Papst Benedikt XVI. würdigte Swiatek als "eifrigen und großherzigen Hirten". Der Verstorbene habe seinen Dienst "mit Fleiß" erfüllt. Er habe die Nachricht über Swiateks Tod "mit Kummer" aufgenommen, schrieb der Papst in einem Beileidstelegramm an den Vorsitzenden der Weißrussischen Bischofskonferenz, Bischof Aleksander Kaszkiewicz.



Der autoritär regierende Staatspräsident Alexander Lukaschenko nannte Swiatek in einem Kondolenzschreiben an die nationale Bischofskonferenz ein "Vorbild für die selbstlose und verantwortungsvolle Erfüllung von pastoralen Aufgaben". Er habe die Todesnachricht "mit tiefem Schmerz und Trauer" aufgenommen.



Der Minsker Erzbischof Tadeusz Kondrusiewicz würdigte seinen Vorgänger gegenüber der unabhängigen weißrussischen Nachrichtenagentur Belapan als "legendäre Persönlichkeit" der geistigen Erneuerung der Minderheitenkirche in der ehemaligen Sowjetrepublik. "Für die Wiederbelebung des Glaubens hat er mehr als jeder andere in unserem Land getan", so Kondrusiewicz.



Das katholische Osteuropa-Hilfswerk Renovabis nannte den Kardinal einen echten Glaubenszeugen. "Er hat Stalinterror, Haft in der Todeszelle und zehn Jahre sowjetische Arbeitslager überlebt", erklärte Renovabis-Geschäftsführer Gerhard Albert. Swiatek habe mit seinem Vorbild vielen Menschen Mut gemacht und den Wiederaufbau der katholischen Kirche in seiner Heimat vorangetrieben. Nach Angaben von Renovabis setzte der Kardinal mehr als 260 Projekte mit dem Hilfswerk um.



Am Samstag soll sein Leichnam in der Minsker Kathedrale aufgebahrt werden. Seine letzte Ruhestände soll Swiatek nach Angaben der Bischofskonferenz in Pinsk finden. Die Beerdigung ist für Montag vorgesehen.