domradio.de: Bei Ihnen wird am 8. Dezember auch die Heilige Pforte geöffnet. Wie können wir uns das vorstellen?
P. Ralf Lohmann (Pfarrer St. Marien Kevelaer): Es wird morgens um 8.15 Uhr einen Schulgottesdienst geben. Um 10 Uhr folgt ein Festhochamt in der Basilika. Nachmittags kommen die Frauen zusammen. Es wird eine Festandacht geben mit anschließendem Einzelsegen der Menschen. Die Aussetzung und Anbetung des Allerheiligsten passiert im Hochchor der Basilika. Es folgen danach auch noch einige Gottesdienste bis zu einer Lichterfeier mit anschließendem Marienlob. Dann gibt es wieder ein festliches Hochamt um halb sieben Uhr. Zudem schließt sich ein Lobpreisabend an. Zu guter Letzt wird der Tag mit einem Gebet zur Nacht um 21 Uhr beschlossen.
domradio.de: Sie feiern also einen ganzen Tag mit unterschiedlichen Facetten. Was bedeutet das für einen Wallfahrtsort wie Kevelaer, dass ein Heiliges Jahr der Barmherzigkeit ausgerufen wurde?
Lohmann: Es hat immer eine besondere Bedeutung. Wir sind ja auch päpstliche Basilika. Von daher ist immer die starke Verbindung nach Rom vorhanden. Es ist natürlich auch etwas Besonderes, eine Türe zu öffnen und deutlich zu machen, dass wir erwartet sind. Genau das wird auch an unserer Pforte stehen. "Erwartet" – Das soll vermitteln: "Du bist erwartet, du kannst kommen, egal, was mit Dir ist. Du bist herzlich willkommen. Du brauchst keine Vorbedingung zu erfüllen, sondern du bist genau an dieser Stelle richtig." Es ist ein besonderer Tag mit einem besonderen Portal. Bei uns ist das das Mutter-Theresa-Portal. Dieses "Jubiläum der Barmherzigkeit" und Mutter Theresa - da sind wir schnell beieinander. Ich würde sagen, es ist wichtig, dass dieses Thema auch angesichts von Flüchtlingselend und von dramatischen gesellschaftlichen und kirchlichen Veränderungen wie gerufen kommt.
domradio.de: Waren Sie überrascht, dass der Papst dieses Heilige Jahr ausgerufen hat?
Lohmann: Der Papst ist ja für Überraschungen gut. Also von daher: Wir waren sicherlich überrascht, dass das jetzt kam, da es sehr kurzfristig war. Aber ich glaube, wir können diese Spontaneität gebrauchen.
domradio.de: Wie kann man das Fest für sich als Gemeinde oder einen Wallfahrtsort bewusst für sich gestalten?
Lohmann: Ich möchte mal nur so ein paar Eckpunkte nennen. Zum Beispiel Bischof Genn wird einen Tag mit Geistlichen hier zusammen kommen und einen Beichtvätertag halten, um das Bußsakrament in den Blick zu nehmen. Wir haben verschiedene Barmherzigkeitsabende geplant, die von der Gemeinschaft der Seligpreisungen gestaltet werden. Die Fastenpredigten werden im Februar und März zu diesem Thema sein. Wir werden am Barmherzigkeits-Sonntag den Weihbischof Boom, der ja der Beauftragte der deutschen Bischofskonferenz für das Heiligen Jahr hier in Kevelaer ist, hier haben. Wir haben einen Aufruf gestartet vor allem auch in der Gemeinde, dass man dieses Heilige Jahr weiter füllen kann, vom Kindergarten, über die Schulen, die Verbände, Basilika-Stunden, über andere Dinge. Zu uns können auch die Leute kommen und selbst aktiv werden. Wir möchten zu diesem Thema Barmherzigkeit die Möglichkeit eröffnen, dass jeder Gedanken aufschreiben, eintragen kann, die wir dann auch in die Gottesdienste einfließen lassen.
domradio.de: Was erhoffen Sie sich von dem Jahr?
Lohmann: Wenn die Menschen spüren, dass dieses Thema der Barmherzigkeit für sie wirklich stark ist, wäre das schön. Das heißt also, dass sie Gott als den barmherzigen Gott erfahren können, wenn sie in unsere Kirchen und Gottesdienste bzw. das kirchliche Leben kommen. Welche Konsequenzen können wir aus dieser Erkenntnis der Barmherzigkeit ziehen? Was bedeutet das wiederum für das Leben und das Zwischenmenschliche? Was bedeutet das für das Leben in Kirche und Gemeinde oder in der Gesellschaft? Was heißt das im Blick auf die großen Fragen, die wir im Moment zu bestehen haben auch unter dem Thema der Flüchtlinge? Wie können wir das konkret und praktisch umsetzen? Und da glaube ich, ist eine Menge zu tun. Und ich hoffe auch, dass wir als Kirche durch solch ein Jahr auch neue Glaubwürdigkeit gewinnen.
Das Interview führte Matthias Friebe