Kirche arbeite an Erklärung zu Kolonialgeschichte

"Doktrin der Entdeckung"

Kanadas Bischöfe und der Vatikan arbeiten einem Medienbericht zufolge an einer Erklärung zur sogenannten "Doktrin der Entdeckung". Das daraus abgeleitete religiös inspirierte Kolonisierungsbewusstsein soll kritisch überprüft werden.

Papst Franziskus leitet einen Vespergottesdienst in der Kathedrale-Basilika Notre Dame de Quebec / © John Locher/AP (dpa)
Papst Franziskus leitet einen Vespergottesdienst in der Kathedrale-Basilika Notre Dame de Quebec / © John Locher/AP ( dpa )

Unter dem Stichwort "Doktrin der Entdeckung" wird derzeit in Kanada die frühere päpstliche Legitimation europäischer Eroberungen ab dem Ende des 15. Jahrhunderts diskutiert. Kanadische Medien zitierten Mittwochabend (Ortszeit) eine Sprecherin der Papstreise-Organisatoren.

Demnach arbeiten Kanadas Bischöfe, der Vatikan und Experten, "die sich mit diesem Thema befasst haben", um "eine neue Erklärung der Kirche herauszugeben". Zwar hätten die kritisierten päpstlichen Dokumente "keine rechtliche und moralische Autorität" mehr. Gleichwohl verstehe man "den Wunsch, diese Texte zu benennen, ihre Wirkung einzugestehen und die damit verbundenen Konzepte zu widerrufen", so die Sprecherin Laryssa Waler.

Mit "Doktrin der Entdeckung" ist ein religiös inspiriertes Kolonisierungsbewusstsein sowie eine daraus entstandene Rechtsauffassung gemeint, mit der europäische Eroberer und spätere Kolonialregierungen sich anmaßten, indigene Bewohner zu verdrängen, zu entrechten und sich ihr Land anzueignen.

Doktrin von Papst nicht angesprochen

In seinen Reden in Kanada hat Papst Franziskus bisher nicht von der kritisierten Doktrin gesprochen. Er verurteilte aber Kolonialisierung sowie Gewalt und Zwang in der Mission. Man könne das Evangelium nicht auf eine Weise verkünden, die der Lehre Jesu entgegenstehe. Dies dürfe nie wieder geschehen.

Papst an Indigene: Kirche kniet nieder und bittet um Vergebung

Papst Franziskus hat mit einer ausführlichen Vergebungsbitte an Indigene seine "Bußwallfahrt" in Kanada begonnen. "Ich bitte demütig um Vergebung für das Böse, das von so vielen Christen an den indigenen Bevölkerungen begangen wurde", sagte das katholische Kirchenoberhaupt am Montagvormittag (Ortszeit) vor Überlebenden früherer "Residential Schools" auf dem Gelände einer der größten dieser Internatsschulen in Maskwacis/Alberta.

Papst Franziskus betet auf dem Friedhof der Ermineskin Cree Nation zwischen den Gräbern der Schüler der Ermineskin Indian Residential School. / © Paul Haring (dpa)
Papst Franziskus betet auf dem Friedhof der Ermineskin Cree Nation zwischen den Gräbern der Schüler der Ermineskin Indian Residential School. / © Paul Haring ( dpa )

Ausgangspunkt für die Entwicklung der "Doktrin der Entdeckung" sind vor allem Urkunden ("Bullen") Papst Alexanders VI. (1492-1503). Nach der Rückkehr von Christoph Kolumbus aus Amerika ermächtigte der Papst katholische Herrscher dazu, von ihnen entdeckte, nicht-christliche Länder zu erobern, zu missionieren sowie ihre Bewohner zu enteignen.

In der weiteren Kolonialgeschichte floss dieses Denken in Politik und Gesetzgebung auch nicht-katholischer Kolonialmächte ein. Es fand Einzug in Entscheidungen Oberster Gerichte in den USA und Kanada. Bis heute, so sagen Fachleute, liege es kanadischen Gesetzen zugrunde und verhindere, dass indigene Menschen ihr Recht erhielten. Daher müsse der Papst die Bullen Alexanders VI. und ähnliche Schriften explizit widerrufen.

Quelle:
KNA