Kirche erhofft sich von Missbrauchskongress im Vatikan Impulse für Gesellschaft

Bitterer Blick zurück und hoffnungsvoller nach vorne

Vertreter von 110 Bischofskonferenzen beraten zurzeit in Rom Erfahrungen und Wege aus der Missbrauchskrise. Für die deutschen Bischöfe dabei ist Stephan Ackermann. Der Trierer Bischof spricht im domradio.de-Interview über die Chancen des Treffens.

 (DR)

domradio.de: Mit einem Grußwort von Papst Benedikt XVI. wurde der dreitägige Kongress am Montagabend eröffnet. Was hat er ins Zentrum dieser Konferenz gestellt?

Ackermann: Der Papst hat noch einmal betont, wie wichtig für die Kirche die Beschäftigung mit diesem Thema ist; dass auch wirklich pro-aktiv betrieben wird. Das Zeigt: Auch wenn Kongress von der Universität Gregoriana organisiert wird, nimmt der Papst sehr wach daran teil und macht damit klar: Wir wollen als Kirche dieses Thema weltweit aktiv angehen.



domradio.de: Der Papst forderte bei der Eröffnung des Kongresses über Missbrauch in der Kirche eine "wirksame und energische Kultur von Schutzmaßnahmen. Was erhoffen sie sich von diesem Kongress zum Schutz von Kindern und Jugendlichen?

Ackermann: Alle Kontinente und fast alle Bischofskonferenzen sind vertreten - ich erhoffe mir dadurch eine stärkere Vernetzung und ein gegenseitiges Profitieren aus den gemachten Erfahrungen. Das Thema wurde kulturell bedingt auf den verschiedenen Kontinenten ja unterschiedlich wahrgenommen. So sind die Amerikaner sehr professionell aufgestellt. Und wenn dieses vorhandene Wissen hier mitgeteilt wird, ist das auf jeden Fall eine Hilfe - auch für die Prävention und den Schutz von Kindern und Jugendlichen weltweit. Und es wäre natürlich noch schöner, wenn das nicht nur für den Raum der Kirche gilt, sondern sich Kirche durch die schmerzlichen und bitteren Erfahrungen aus den Verbrechen, denen wir ins Augen sehen müssen, Hilfestellungen geben kann für die Verhinderung von sexuellem Missbrauch auch in der Gesellschaft.



domradio.de: Viel zu lange Zeit hat die Kirche weggeschaut und die Opfer alleine gelassen, die Taten oft sogar negiert und gedeckt. Was will die Katholische Kirche tun, damit solche schrecklichen Taten nie wieder tabuisiert werden können?

Ackermann: Heute Morgen wurde auch darüber gesprochen, ein Opfer aus Irland hat da ihren Weg geschildert. Deutlich wurde dabei auch: Das Schlimmste nach dem Missbrauch ist, wenn den Opfern nicht geglaubt wird bzw. worden ist. Wenn Verantwortliche in der Kirche ihre Verantwortung in der Kirche nicht genug wahrgenommen haben. Genau deshalb ist das Entscheidende, auf die Opfer zu hören, zu sensibilisieren und wachsam zu sein. Diese Maßnahmen haben weltweit Vorrang. Und alle, die hier sind, sind motiviert, zu lernen und Maßnahmen anzugehen, damit das Thema nicht wieder ins Tabu abrutscht.



domradio.de: Was hat sie an dem Opferbericht am meisten bewegt?

Ackermann: Wie die Dame aus dem Bistum Dublin ihren Weg geschildert hat: sehr offen, ungeschminkt und bitter. Nicht nur die sexuelle Gewalt, die sie als Kind in einem Heim erlitten hat, sondern auch den Weg, den sie über Jahrzehnte gegangen ist, bis man ihr geglaubt hat, bis es soweit kam, dass der Täter zur Rechenschaft gezogen wurde. Sie hat dabei auch deutlich die Nachlässigkeiten des zuständigen Bischofs benannt, aber ohne Bitterkeit, dafür mit einer erschütternden Klarheit.  



Das Gespräch führte Monika Weiß - hören Sie es hier in voller Länge nach.