Kirche mahnt erneut Religionsfreiheit in der Türkei an - Kein Pilgerzentrum für Tarsus in Sicht

Noch nicht reif für die EU

Der Leiter des Katholischen Büros bei der Bundesregierung, Prälat Karl Jüsten, hat mehr Rechte für die religiösen Minderheiten in der Türkei gefordert. Das Land müsse nicht nur die individuelle, sondern auch die kollektive Religionsfreiheit in der Verfassung und der gesellschaftlichen Wirklichkeit umsetzen, sagte Jüsten am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Jüsten kehrte am Mittwoch von einer Türkeireise zurück.

 (DR)

Die Forderung der Kirche gelte für die christlichen Konfessionen wie für die Aleviten. Erst dann könne die Türkei ein möglicher Beitrittskandidat für die Europäische Union sein, so der Prälat.

Jüsten hatte von Samstag bis Mittwoch mit neun Abgeordneten aller Bundestagsfraktionen und seinem evangelischen Amtskollegen Prälat Stephan Reimers im Rahmen einer Pilgerreise die Türkei besucht und sich gezielt über die Lage der Christen informiert. Auf dem Programm stand auch Tarsus, der Heimatort des Apostels Paulus. Derzeit erlaubten die Behörden vor Ort Besuchern, in dem als Museum genutzten Gotteshaus auch zu beten. Ziel müsse sein, dass das Gotteshaus der Kirche wieder ganz als Gebetsstätte zur Verfügung stehe, so Jüsten.

Weiter sagte er, bei den politischen Gesprächen in Ankara sei deutlich geworden, dass sich die türkische Seite bewegen wolle.
Unverbindliche Zusagen reichten aber nicht aus. Der Prälat appellierte auch an die Türkei, die Anfang der 1970er Jahre vom türkischen Staat geschlossene orthodoxe theologische Hochschule und das Priesterseminar auf der Insel Chalki wieder zu öffnen. Im Rahmen der als Pilgerfahrt bewerteten Reise war die Delegation auch in Istanbul mit dem Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. von Konstantinopel, zusammengekommen.

Papst Benedikt XVI. hat für 2008 und 2009 ein Paulusjahr ausgerufen. Vom 29. September bis 3. Oktober wollen zehn deutsche Bischöfe, an ihrer Spitze der Kölner Kardinal Joachim Meisner, nach Istanbul und ins südtürkische Tarsus pilgern. Seit längerem appellieren Bischöfe an die türkische Seite, den Bau einer Kirche in Tarsus zu unterstützen.

Bischof: Hohes Pilgeraufkommen
Auch der für die Paulus-Stadt Tarsus zuständige Bischof Luigi Padovese bedauert, dass der Geburtsort des Völkerapostels noch immer keine christliche Kultstätte besitzt. Wenigstens bräuchten Besucher der als Museum genutzten Paulus-Kirche neuerdings kein Eintrittsgeld zu bezahlen; so hätten sie das Gefühl, ein Gotteshaus zu betreten, sagte Padovese laut Meldung des italienischen Pressedienstes SIR (Donnerstag). Seit Beginn des Paulus-Gedenkjahrs im Juni erlebe Tarsus einen ununterbrochenen Zustrom christlicher Pilger, hauptsächlich aus Italien, Deutschland, Spanien und Frankreich.

Ob die kleine Kirche im Stadtteil Ulu Cami künftig als Gottesdienstraum genutzt werden könne, sei weiter ungeklärt, sagte Padovese, der auch Vorsitzender der Türkischen Bischofskonferenz ist. Die Behörden hätten eine entsprechende Bereitschaft signalisiert; bis jetzt sei aber nichts geschehen. Erst kürzlich hätten sich deutsche Abgeordnete persönlich bei der Stadtverwaltung für das Anliegen eingesetzt, hob der Bischof hervor.

Ebenfalls unbeantwortet blieb laut Padovese der Antrag, in einer ehemaligen Wollfabrik neben der Kirche ein Pilgerzentrum einzurichten. Den Vorschlag hatte ursprünglich das türkische Kultur- und Tourismusministerium geäußert.