In einem Beitrag für die Zeitschrift "basis", die von der Schönstatt-Bewegung herausgegeben wird, schreibt er: "Auch uns heute darf es nicht zuerst um die Rettung der Kirche und ihrer oft vertrauten Formen gehen, sondern um die Entdeckung der Schönheit des Evangeliums. Dazu müssen wir Formen finden, die den Ursprung bewahren, aber ins Heute übersetzen."
Der Bischof geht auf die Frage Jesu aus dem Lukas-Evangelium ein: "Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, den Glauben auf der Erde finden?" Diese beschäftige ihn aktuell in neuer Schärfe: "Menschen treten aus der Kirche aus, wir verlieren an gesellschaftlichem Einfluss, vieles ist in Veränderung begriffen, auch im Abbruch. Verlässlich Neues zeigt sich noch nicht."
Blick auf das "Reich Gottes außerhalb der Kirche"
In den Evangelien entdecke er dabei Erstaunliches, ergänzte Kohlgraf: Während das nächste Umfeld Jesu sich mit seinem Anspruch schwer tue, begegne er in scheinbar heidnischem Gebiet tief glaubenden Menschen. Doch im Zeiten einer Volkskirche sei manches vergessen worden: "Es gibt das Reich Gottes außerhalb der Kirche, so wie es innerhalb der Kirche Unglauben und geistlose Routine gibt." Es gebe "viel Glauben in Menschen, die wir gar nicht im Blick haben". Das ermutige zu neuen Wegen in der Verkündigung.
In einer Biografie über Papst Pius IX. (1846 bis 1878) habe er "Texte, Anklagen, Befürchtungen von vor 200 Jahren, die genau ins Heute passen" gefunden, so der Bischof in seinem Beitrag weiter: "Die Angst vor einer modernen, scheinbar glaubensfeindlichen Welt kann lähmend sein."
"Nicht der Vergangenheit hinterhertrauern"
Doch trotz aller Probleme und Versäumnisse gebe es bis heute viele glaubende Menschen: "Wir sollten die Frage Jesu nach dem Glauben nicht resignativ beantworten und der Vergangenheit hinterhertrauern, sondern uns mutig auf die Spurensuche des Reiches Gottes in den glaubenden, suchenden und fragenden Menschen heute machen."
Am Wochenende hatte Kohlgraf bereits bei einer Priesterweihe betont: "Auf Traditionen allein können wir unser Christsein und Kirchesein nicht mehr bauen." Wichtiger seien Glaubenserfahrungen: Jemand müsse "erfahren, wie schön es sein kann, an Gott zu glauben, wie gut es ist, zu einer Glaubensgemeinschaft zu gehören, dann wird er sich für den Glauben interessieren".