Der Vorsitzende des polnischen Episkopats, Erzbischof Stanislaw Gadecki, richtete am Dienstagabend in Warschau an "alle Seiten des politischen und gesellschaftlichen Lebens den dringenden Appell zur gegenseitigen Achtung, zur echten und umsichtigen Sorge für das Gemeinwohl, zur Versöhnung und zur Schaffung von Eintracht und Frieden". Zugleich bat er alle Polen im In- und Ausland, für ihr Heimatland zu beten.
Zuletzt war zwischen der nationalkonservativen Regierung und der rechtsliberalen Opposition der Streit um die Wiederwahl des früheren polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk zum EU-Ratsvorsitzenden eskaliert. Die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) diffamierte ihn als "deutschen Kandidaten" und Gegner Polens.
Tusk gehört der größten polnischen Oppositionspartei Bürgerplattform (PO) an. Diese kündigte ein konstruktives Misstrauensvotum gegen die Regierung im Parlament an, weil sie Polen in der EU isoliert und geschadet habe.
Nicht nur auf eigene Interessen pochen
Gadecki mahnte ein Ende des "Klimas der eskalierenden Abneigung zwischen den Menschen" an. Das ausschließliche Pochen auf eigene Interessen stehe einer "gesunden europäischen Integration" im Weg, so der Posener Erzbischof offenbar mit Blick auf die Regierung.
Die Bischofskonferenz hielt sich aus dem Streit bislang heraus. Sie verzichtete auch auf Glückwünsche an Tusk nach seiner Wiederwahl durch die Staats- und Regierungschefs der EU am vergangenen Donnerstag. Der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski warf der Opposition unterdessen am Mittwoch in einem Interview "Volksverrat" vor.