Kirche in Schleswig-Holstein analysiert das Wahlergebnis

"Über diese Deutlichkeit sehr überrascht"

In Schleswig-Holstein hat die CDU mit Ministerpräsident Daniel Günther die Landtagswahl gewonnen. Wie bewertet das Katholische Büro in Kiel den Wahlausgang in Bezug auf die Interessen der Katholischen Kirche im Bundesland?

Abbau eines Wahlplakats von Daniel Günther / © Daniel Bockwoldt (dpa)
Abbau eines Wahlplakats von Daniel Günther / © Daniel Bockwoldt ( dpa )

DOMRADIO.DE: Waren Sie überrascht, dass die CDU so deutlich wiedergewählt wurde? 

Beate Bäumer (Leiterin des Katholischen Büros Schleswig-Holstein): Ich glaube, ich war genauso überrascht wie alle anderen wahrscheinlich auch. Die letzte Prognose lag bei 38 Prozent für die CDU. Jetzt gab es 43 Prozent. Das war schon nochmal ein ordentliches Plus obendrauf. Insofern war ich über diese Deutlichkeit sehr überrascht.

Der deutliche Verlust der SPD hat mich aber ebenso überrascht. Damit hatte ich ehrlich gesagt nicht gerechnet. 

Beate Bäumer (Erzbistum Hamburg)

DOMRADIO.DE: Zuletzt wurde Schleswig-Holstein von einem Jamaika-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP regiert. Daniel Günther könnte sich nun einen Koalitionspartner aussuchen. Ein Dreierbündnis wird nicht mehr notwendig sein, ist aber natürlich weiter möglich. Wie wahrscheinlich ist ein "Weiter so" aus Ihrer Sicht? 

Beate Bäumer, Katholisches Büro Schleswig-Holstein in Kiel

"Die CDU hat sehr wohlwollend und wertschätzend über die Kirchen im Wahlprogramm geschrieben und auch viele der Positionen, die wir durchaus auch befürworten, aufgegriffen."

Bäumer: Ich glaube Daniel Günther schon, dass ihm dieses Dreierbündnis ganz gut gefallen hat und er auch jetzt erstmal mit den Parteien sprechen wird. Aber letzten Endes hat er auch eine Partei hinter sich, die genau weiß, dass man mehr Platz teilen muss, wenn man zu dritt im Wagen sitzt. Insofern glaube ich, dass es am Ende des Tages wahrscheinlich doch auf eine Zweierkonstellation hinauslaufen wird.

Aber ich glaube schon, dass er jetzt erstmal guckt, wie es auch zu dritt weitergehen könnte. Schließlich haben auch die beiden Partner von den Grünen und der FDP immer gesagt, dass drei einer zu viel ist. Da wollen sie vielleicht auch gar nicht mehr mitmachen. 

DOMRADIO.DE: Sie haben sich im Vorfeld mit den Wahlprogrammen der Parteien auseinandergesetzt. Kam da Kirche vor?

Die CDU mit Ministerpräsident Daniel Günther gewinnt die Landtagswahl in Schleswig-Holstein. / © Christian Charisius (dpa)
Die CDU mit Ministerpräsident Daniel Günther gewinnt die Landtagswahl in Schleswig-Holstein. / © Christian Charisius ( dpa )

Bäumer: Bei der CDU, den Grünen und der FDP kam die Kirche vor, allerdings manchmal auch so, dass es nicht ganz nach meinem Geschmack war.

Wenn ich zum Beispiel bei der FDP lese, dass sie die Staatsleistungen abschaffen wollen, dann denke ich, kann man sich drüber streiten.

Die CDU hat sehr wohlwollend und wertschätzend über die Kirchen im Wahlprogramm geschrieben und auch viele Positionen, die wir durchaus befürworten, aufgegriffen. Sie hat auch vorher im Vorfeld gefragt, wie man denn das Land in den nächsten fünf Jahren sieht. Das war ganz gut.

Bei der SPD habe ich mich sehr gewundert. Da taucht die Kirche nämlich gar nicht auf. Da habe ich mich gefragt, ob dann alles weiter so geht und sie alles akzeptieren, was wir uns wünschen, wenn es denn mit der SPD was wird. Oder herrscht da ein dermaßen großes Desinteresse, dass die Kirchen nicht mehr wichtig sind? Das glaube ich aber eigentlich nicht, weil es viele SPD-Politikerinnen und Politiker gibt, die durchaus christlich und evangelisch oder katholisch sind. Es hat mich schon schockiert, dass die Kirchen bei der SPD wirklich gar nicht vorkamen. 

Beate Bäumer, Katholisches Büro Schleswig-Holstein in Kiel

"Das hat mich schon schockiert, dass die Kirchen bei der SPD wirklich gar nicht vorkamen."

DOMRADIO.DE: Sprechen Sie so etwas denn an oder lassen Sie das über sich ergehen? 

Bäumer: Ich habe das schon bei Herrn Losse-Müller (Spitzenkandidat das SPD in Schleswig-Holstein, Anm. d. Red.) angesprochen, weil ich weiß, dass er selbst ein "guter evangelischer Christ" ist. Da kam die Antwort in etwa sinngemäß so zurück, dass wir uns keine Gedanken sollten, wir seien schon alle mitgedacht. Und weil wir mitgedacht seien, müsse man das nicht extra aufschreiben.

Hintergrund: Die Wahl in Schleswig-Holstein

In Schleswig-Holstein gewann die CDU die Landtagswahl mit 43,4 Prozent der Stimmen klar (plus 11,4 Punkte). Die SPD dagegen rutschte mit 16,0 Prozent auf ihr historisch schlechtestes Ergebnis ab (minus 11,3 Punkte) und fiel sogar hinter die Grünen zurück. Die wiederum erreichten mit 18,3 Prozent ihr bislang bestes Wahlergebnis (plus 5,4 Punkte).

Schild zum Wahllokal (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Sie kam als Leiterin des Katholischen Büros gut mit Danile Günther in den vergangenen Jahren klar?

Bäumer: Mit Daniel Günther lässt sich gut zusammenarbeiten. Auch mit der CDU unter Daniel Günther lief das gut - auch mit Jamaika insgesamt, muss ich dazu sagen. Gerade in den Fragen der Flüchtlings- und Asylpolitik war ich zum Beispiel manchmal schon ganz dankbar, dass die Grünen mit in der Regierung sitzen. Also, das war schon ganz gut.

Ob man ein Sozialministerium der FDP überlassen sollte, kann man auch mal gesondert diskutieren. 

DOMRADIO.DE: Ein Wort noch zur AfD. Sie ist an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Hatte sich das angedeutet?

Bäumer: Nein, eigentlich überhaupt nicht. Die AfD ist traditionell sehr zerstritten in Schleswig-Holstein. Vor der vorangegangenen Wahl gab es noch Schlägereien auf den Sitzungen der Partei. Damals sind sie trotzdem eingezogen. Und auch jetzt wurden sie in Prognosen immer mit sechs Prozent gehandelt.

Die Fraktion war zum Schluss gar keine Fraktion mehr, weil sie sich so zerstritten hatte, dass sie den Fraktionsstatus verloren hatte, da Mitglieder ausgetreten sind. Da hat man sich schon gefragt, wie es man es denn schaffen soll, noch über die Fünf-Prozent-Schwelle zu kommen, wenn man so zerstritten ist.

Dass es jetzt nicht geklappt hat, finde ich super. Es ist ein deutliches Zeichen. Ehrlich gesagt spiegelt es auch das Gefühl, das man immer schon in Schleswig Holstein mit Bezug auf die AfD hatte, dann auch endlich mal wieder. 

Das Interview führte Tobias Fricke.

Quelle:
KNA