Im Christentum geht es bei der Hölle nicht um einen speziellen Ort. Eher um den Zustand der endgültigen Trennung von Gott. Jesus spricht von der Hölle und will damit ermahnen, das Geschenk des Lebens ernst zu nehmen. Konkreter noch: Wer bewusst Gott und dessen Heilsangebot eine Absage erteilt, wählt damit die Hölle. Es mag abstrus klingen, aber die Möglichkeit der Hölle ist die Folge der Liebe Gottes. Denn echte Liebe ist nicht denkbar ohne die Freiheit. Und zur Freiheit gehört die Möglichkeit zur Wahl.
Der Bibelwissenschaftler Gunter Fleischer erklärt das so: "Gott zwingt niemanden, er bietet das Heil allen an. Er lässt die Möglichkeit zur endgültigen Verweigerung. Wenn einer sagt: Nein, das will ich nicht, dann wird dieser etwas anderes erfahren. Und das wird in das Bild der Hölle gekleidet."
Gott bietet allen das Heil an – und lässt die Möglichkeit zur Wahl
In der Kunst ist die Hölle ein dunkler Ort mit loderndem Feuer. Jesus selbst benutzt tatsächlich das Wort vom Feuer, wenn er von der Hölle spricht, jedoch ist das ein Bild. Denn er spricht dabei von einer verpassten Chance, die Heulen und Zähneknirschen auslöst (Matthäusevangelium 13,42). Jesus beschreibt damit den erwähnten Zustand als Fern-Sein von Gott. Bibelwissenschaftler Fleischer findet dafür weitere Beschreibungen, "wie das Bild des Feuers oder einen Schmerz, oder eine ewig bleibende Sehnsucht, die nicht zur Erfüllung kommt." Dabei geht es um Vorstellungen, wie sich die Hölle anfühlt, doch Fleischer betont auch, es gebe keine kirchliche Definition, wie genau Hölle ist.
Wenn es hier aber nur um Bilder geht und auch die Kirche die Hölle nicht näher beschreiben will: warum braucht es sie dann überhaupt? Soll hier etwa eine Angst geschürt werden, wie Kritiker oft behaupten? Jesus spricht von der Hölle vor allem im Zusammenhang mit dem Gericht. Dies kommt in seiner Verkündigung sogar häufiger vor, und will sagen, "dass es vor Gott nicht egal ist, wie jemand handelt; dass er am Ende der Zeiten, der endgültige Richter ist." (Fleischer)
Gott ist es nicht egal, wie der Mensch handelt
Besonders deutlich, wird das beim Gleichnis vom reichen Mann und dem armen Lazarus (Lukas 16,19ff). Lazarus, der einst von dem Reichen abgewiesen wurde, erfährt nach seinem Tod den Trost bei Gott, während der Reiche den schlechten Platz in der Unterwelt zugewiesen bekommt. Für Bibelwissenschaftler Fleischer liegt in diesem Gleichnis auch eine positive Möglichkeit für den reichen Mann in der Hölle: "Er unterhält sich sogar mit Gott. Er will ja noch dafür sorgen, dass seine Brüder, die noch leben auf Erden, nicht diese Fehler machen, die er getan hat. Vielleicht ist eben diese Einsicht: 'Ja, ich habe am Lazarus wirklich falsch gehandelt', schon bei Gott ausreichend, dass er dann doch noch zu Gott kommt. Da haben wir die Vorstellung: Hölle ist nicht einfach endgültiges Strafgericht, sondern vorübergehendes."
Und das ist der Kern der christlichen Botschaft: Umkehr ist immer denkbar. Die Erfahrung von Tod und Auferstehung Jesu haben verdeutlicht, dass Jesus den Tod verwandelt hat. Er ist selbst an diesen Ort gegangen, der eigentlich für die Trennung zwischen Gott und Mensch steht. Im Glaubensbekenntnis formuliert die Kirche darum: 'Jesus ist hinabgestiegen in das Reich des Todes.' Daraus hat sich die Vorstellung entwickelt, "dass Jesus in die Unterwelt hinabgeht und dort noch einmal eine Predigt hält, um dort zu retten, um dort noch einmal für das Reich Gottes zu werben."
Im Blick auf Jesus kann man die Hölle nicht einfach ausblenden
Gott will das Heil für alle Menschen. Dieses Heil liegt begründet in der Gemeinschaft mit ihm. Doch dies ist ein Angebot Gottes, der liebt. Und echte Liebe eben zwingt nicht. Der Mensch hat die Freiheit, sein Leben frei zu gestalten. Und Jesus ruft dazu auf, dieses Leben ernst zu nehmen. Gunter Fleischer sagt darum: Im Blick auf die Botschaft Jesu kann man die Möglichkeit der Hölle nicht einfach ausblenden.
"Das wäre im letzten auch ein Un-Ernst. Als würde es einfach nur heißen: Es geht am Ende doch alles gut aus. Das ist nicht die Botschaft, die können wir aus keinem seiner Worte entnehmen."