Mit der "Unbefleckten Empfängnis" ist die Gottesmutter Maria gemeint. Dabei geht es um ihre Empfängnis, also um den ersten Augenblick ihrer Existenz im Mutterleib ihrer Mutter. Das zeigt schon das Datum des dazugehörigen Festes an. Am 8. Dezember feiert die Kirche "Mariä Empfängnis" - genau 9 Monate vor dem 8. September, an dem die Kirche das Fest der Geburt Mariens feiert. Das höchste Marienfest des Jahres feiert die Kirche dagegen am 15. August - wenn sie der Aufnahme Mariens in den Himmel gedenkt.
Das Wort unbefleckt ist vielleicht verwirrend. Man könnte stattdessen auch rein oder makellos sagen: Aber ein solches Attribut gehört zu Maria, weil sie - so sagt es der Glaube - als zukünftige Mutter des Gottessohnes von Gott auserwählt war. Gott hatte einen besonderen Blick auf sie.
"Unbefleckt" meint: Frei von der Erbsünde
Doch von was soll sie dann unbefleckt gewesen sein? Unbefleckt meint hier: Maria stand von Anfang ihrer Existenz an in diesem besonderen Auserwähltsein von Gott, sie war damit frei von der so genannten Erbsünde. Und da kommt schon das nächste Wort, das es zu klären gilt. Auch hier kann es zu Missverständnissen kommen, denn wer heute von Sünde spricht, meint damit meist eine bestimmte, persönliche Tat. Doch hier muss man auf den eigentlichen Sinn des Wortes schauen. Sünde bedeutet Trennung oder Entfernung – und zwar die Entfernung von Gott. Dann könnte man Erbsünde als eine Art Zustand beschreiben. Erb-Sünde darum, weil es hier um etwas geht, was als etwas allen Menschen Gemeinsames erkannt worden ist: Eine Schwäche zur Verfehlung. Der Apostel Paulus hat diese immer wiederkehrende Erfahrung im Ersten Korintherbrief so beschrieben: "Ich tue nicht das Gute, das ich will, sondern das Böse, das ich nicht will." (Römerbrief 7,19)
Eine Erfahrung, die den Menschen immer schon beschäftigte
Paulus hat einen inneren Zwiespalt erkannt, dass er nicht so ist, wie Gott ihn gedacht hat – dahinter steckt die Erfahrung einerseits Abbild Gottes zu sein und dann doch irgendwie gerade dem auch fern zu sein.
Die Erbsünde ist also eine Art Entfernung zu Gott. Schon die Bibel geht auf dieses Geheimnis ein und erzählt in den ersten Kapiteln in Bildern vom Sündenfall der ersten Menschen: Adam und Eva. Sie wollen selbst so sein wie Gott, sie wollen selbst bestimmen über Gut und Böse. Und genau damit entfernen sie sich von ihrem Schöpfer. Sie werden vertrieben aus dem Paradies. Das Paradies ist hier als Bild zu verstehen für die besondere Nähe zu Gott. Kurz gesagt: Die Erbsünde ist der Verlust der besonderen Freundschaft mit Gott. Doch wie kommt jetzt Maria dazu?
Unbefleckte Empfängnis – klingt konstruiert, ist aber logisch
Weil sie die von Gott Auserwählte ist, ist sie von der Erbsünde frei – sie ist "unbefleckt". Wenn das für manche auch etwas konstruiert klingen mag an dieser Stelle, so entspricht dies doch der inneren Logik des christlichen Glaubens. Maria bringt Jesus zur Welt und dieser Jesus ist die Antwort Gottes auf die Trennung zum Menschen. Denn Jesus kommt, um eine neue Freundschaft zwischen Gott und Mensch zu gründen, um einen neuen Bund zu schließen, so sagt es Jesus selbst. Er nimmt damit die Sünde, also das Fern-Sein von Gott, weg. Maria steht als Mutter Jesu am Anfang dieses Heilsplans Gottes mit den Menschen. Darum muss Maria schon von Anfang an in der besonderen Nähe zu Gott stehen. Und das wird auch in der biblischen Erzählung von der Ankündigung der Geburt des Gottessohnes deutlich. Da sagt der Engel zu Maria: Du bist die Begnadete unter allen anderen. Gott ist mit dir. (vgl. Lukas 2,28ff)
Es steckt also viel drin in dem Wort "Unbefleckte Empfängnis". 1854 hat die Katholische Kirche dies auch als Dogma über die Gottesmutter Maria formuliert. Aber eigentlich entsprach es immer schon dem Glauben der Kirche – darum feiert die Ostkirche das Fest der "Ohne Erbsünde empfangenen Gottesmutter Maria" auch schon seit dem 10. Jahrhundert.