Kirchen rufen zum gemeinsamen Gebet auf

Bangen um Ägyptens Christen

Die Welle der Gewalt gegen Christen in Ägypten wird von den Kirchen in Deutschland mit großer Sorge verfolgt. Am Abend soll eine zentrale Gebetsstunde in der koptisch-orthodoxen Kirche St. Antonius und St. Shenouda in Berlin stattfinden.

"Boykottiert Christen" Schmähgrafitti (dpa)
"Boykottiert Christen" Schmähgrafitti / ( dpa )

"Wenn wir auch politisch nichts ausrichten können, so brauchen alle Menschen dort unser Gebet", erklärte Erzbischof Robert Zollitsch. Er hatte gemeinsam mit dem EKD-Ratsvorsitzenden Schneider und Anba Damian, Generalbischof der koptisch-orthodoxen Kirche für Deutschland, zum ökumenischen Gebet für den Frieden in Ägypten aufgerufen. Die zentrale Gebetsstunde findet am Donnerstag um 19 Uhr in der koptisch-orthodoxen Kirche St. Antonius und St. Shenouda in Berlin (Roedeliusplatz, Berlin-Lichtenberg) statt. An dem Gottesdienst wollen auch der Erzbischof von Berlin, Kardinal Rainer Maria Woelki, und der evangelische Berliner Bischof Markus Dröge teilnehmen. Am Abend sollen die Glocken aller Kirchen der Koptisch-Orthodoxen Kirche in Deutschland läuten.

"Die Situation in Ägypten macht uns betroffen und sprachlos", erklärte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in Bonn. "Drücken wir im Beten und in der Feier des Gottesdienstes unsere Nähe zur Bevölkerung am Nil aus." Die Fortdauer der Gewalt sei in keiner Weise zu rechtfertigen, fügte Zollitsch hinzu.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, mahnte am Dienstag eine Beruhigung des Konflikts an. "Wir rufen alle Verantwortlichen dazu auf, den Teufelskreis der Gewalt zu durchbrechen", sagte der Theologe in Hannover.

UN will Gewalt vor Ort untersuchen

Unterdessen kündigte das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte eine Untersuchung der Gewalt durch eigene Experten vor Ort an. Eine Sprecherin des Hochkommissariats in Genf erklärte, Ägyptens Behörden sollten den UN-Fachleuten die Einreise erlauben. Alle Menschen, die im Zuge der Krise von den Behörden festgenommen worden seien, müssten fair behandelt werden, hieß es.

Der EKD-Ratsvorsitzende Schneider sagte weiter, Unversöhnlichkeit und gewaltsame Unterwerfung des politischen Gegners führten nicht zu einer Gesellschaft, in der Menschen in Frieden zusammenleben. Zu einem demokratisch und zivil regierten Ägypten gehöre es, "dass die verschiedenen Religionen nicht nur geduldet werden, sondern an der Gestaltung des Gemeinwesens gleichberechtigt mitwirken können". Die klare Trennung von Staatswesen und Religion bei gleichzeitiger Möglichkeit zu Kooperation sei ein Weg zum friedlichen Zusammenleben.

Rund acht Millionen ägyptische Christen

In Ägypten haben im Zuge der neuen Gewaltwelle Angriffe auf Christen dramatisch zugenommen. Allein in der vergangenen Woche wurden landesweit mehrere Dutzend Kirchen und christliche Einrichtungen von mutmaßlichen Islamisten angegriffen. Rund zehn Prozent der etwa 80 Millionen Einwohner Ägyptens sind Christen. Die meisten davon gehören der koptisch-orthodoxen Kirche an, die bereits seit dem ersten Jahrhundert nach Christus existiert und damit zu den weltweit ältesten Kirchen gehört.


Quelle:
epd