"Wenn die weltweite Kunst nach Kassel kommt, sollte eine Weltkirche nicht abseitsstehen", sagte der Kunstbeauftragte des Bistums Fulda, Burghard Preusler, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Die documenta könne wichtige Impulse für ein neues Nachdenken über drängende Zukunftsfragen liefern, sagte Preusler. "Künstler gehören zu den Wenigen, die den Friedensauftrag ernst nehmen." Die Kunst mahne, scheinbar selbstverständliche Urteile immer wieder kritisch zu hinterfragen.
Große Chancen für Kunst und Religion
Eveline Valtink, Kunstpfarrerin der evangelischen Landeskirche Kurhessen-Waldeck, bezeichnete zeitgenössische Kunst als "wichtigen Seismografen gesellschaftlicher Erschütterungen". Kirche und Religion müssten sich den Impulsen und Anfragen der Kunst stellen. "Für beide Seiten - Kunst und Religion - liegen hier große Chancen."
Die documenta ist eine der weltweit bedeutendsten Ausstellungsreihen zeitgenössischer Kunst. Sie wird am Samstag von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier offiziell eröffnet, ab sofort ist sie für Fachpublikum zugänglich. Erstmals findet sie parallel auch in einem anderen Land statt: Unter dem Leitwort "Von Athen lernen" startete ein Teil der Schau am 8. April in der griechischen Hauptstadt.
Arbeiten von 160 Künstler
In Kassel, wo die documenta 1955 erstmals stattfand, will Chefkurator Adam Szymczyk die gesamte Stadt, die zentralen Museen, aber auch den öffentlichen Raum, Fabriken und Hinterhöfe für Debatten und zum Nachdenken über Kunst nutzen. Bis 17. September sind Arbeiten von rund 160 Künstlern zu sehen.
Am Friedrichsplatz steht ein der Form der Athener Akropolis nachempfundener Gerüstbau, der mit Büchern verkleidet wird, die in autoritären Staaten verboten waren. Der aus Nigeria stammende Künstler Olu Oguibe inszeniert auf einem 16 Meter hohen Obelisken das Jesuswort «Ich war ein Fremdling und Ihr habt mich beherbergt».
Parabelform durch das Kirchenschiff
Die katholische Kirche präsentiert in der Elisabethkirche parallel eine Installation der Berliner Künstlerin Anne Gathmann: eine den Kirchenraum durchmessende Parabelform aus 4.000 Aluminium-Barren.
Die evangelische Kirche zeigt eine Luther-Ausstellung. Hier sind etwa Fundstücke von Stränden in Lampedusa und Sizilien zu sehen, darunter Fotos, Ausweispapiere und Kleidung.