Die beiden großen christlichen Hilfswerke in Tschechien, Caritas und Diakonie, sammeln seit Monaten Geld- und Sachspenden für Flüchtlinge. Doch weil im Land selbst fast keine Asylbewerber leben, leiten sie die Hilfe überwiegend an Flüchtlingslager im Ausland weiter.
Das wirft ein Schlaglicht darauf, wie Tschechien und das Nachbarland Slowakei mit Flüchtlingen umgehen: Sie wollen möglichst keine im Land haben. Die Kirchen wiederum wollen ihre Hilfe nicht verweigern, wissen aber zugleich, dass die große Mehrheit in ihren Ländern skeptisch gegenüber den Asylbewerbern ist.
Slowakei nahm 149 Flüchtlinge auf - syrische Christen
Als zum Beispiel der katholische Bischof Viliam Judák Ende November in der slowakischen Diözese Nitra vor die Presse trat, stand ihm die Anspannung ins Gesicht geschrieben. "Wir wollen auf keinen Fall Spannungen hervorrufen", sagte er. Neben ihm hatte der slowakische Innenminister Robert Kalinak gerade verkündet, dass das Land 149 Flüchtlinge aufnehmen werde, allesamt Christen aus Syrien. Und dass die Kirche bereit sei, sie zu integrieren. "Sie kommen nur dorthin, wo sie von den Menschen auch aufgenommen werden", sagte Bischof Judák.
Die slowakische Regierung dürfte den Zeitpunkt für den Auftritt mit dem Bischof gezielt gewählt haben: Es war der Tag, an dem Premierminister Robert Fico vor dem Europäischen Gerichtshof Klage einreichte gegen die EU-Quotenregelung zur Verteilung der Flüchtlinge. Man sei aber trotzdem hilfsbereit - das sollte die Botschaft sein, die von der Diözese Nitra ausging.
Bischof Judák begründete das Engagement der Kirche mit der Fürsorge für Glaubensbrüder: "Wir wollen, dass sie ihre christliche Identität nicht verlieren und in der Slowakei eine neue Heimat finden." Damit konzentrieren sich die slowakischen Katholiken auf christliche Flüchtlinge und liegen auf einer Linie mit der Regierung. Die hatte angekündigt, nur Christen Zuflucht zu gewähren - eine Einschränkung, die sie später unter dem Druck der europäischen Diplomatie zurücknehmen musste.
Keine Moschee in der Slowakei
In beiden Ländern leben nur sehr wenige Muslime; die Slowakei ist sogar das einzige europäische Land, in dem keine einzige Moschee steht. In der Slowakei gehören etwa 70 Prozent der Einwohner zur katholischen Kirche. Tschechien hingegen ist das europäische Land mit den wenigsten bekennenden Gläubigen: Nur etwa 14 Prozent bekennen sich zu einer Religionsgemeinschaft, davon etwa 11 Prozent zu den Katholiken. Zur größten evangelischen Kirche, der Kirche der böhmischen Brüder, melden sich etwa ein Prozent.
Im Juli, als die Flüchtlingswelle ihren ersten Höhepunkt erreichte, verabschiedeten die katholischen Bischöfe in Tschechien zusammen mit dem Vorstand des ökumenischen Rates eine Stellungnahme. "Wir nehmen den dringenden Bedarf an Solidarität mit den Opfern von Kriegen und religiöser Gewalt wahr, aber auch die Sorgen unserer Gesellschaft, die mit dem gegenwärtigen Zustrom von Migranten nach Europa zusammenhängt", hieß es. Man werde die Gemeinden aufrufen, christliche Flüchtlingsfamilien aufzunehmen.
Die Erklärung wurde in der Öffentlichkeit scharf kritisiert, weil sie nur auf Christen abzielte. Einige Tage später sagte deshalb Tomas Holub, Generalsekretär der tschechischen Bischofskonferenz, für die Christen habe man "wirksame Mittel", sie aufgrund des "gemeinsam geteilten Glaubens" zu integrieren. "Das bedeutet aber nicht, dass andere Formen der Hilfe ausgeschlossen sind, die allerdings einen stärker institutionalisierten Charakter hätten", so Holub.
Erklärung der tschechischen Bischöfe ruft zur Solidarität auf
Eine neue Erklärung veröffentlichten die tschechischen Bischöfe im September, nachdem Papst Franziskus zur Solidarität mit den Flüchtlingen aufgerufen hatte. Sie fordern ihre Gläubigen unter anderem dazu auf, nicht ungeprüft Gerüchte über die Flüchtlinge zu verbreiten, weil das Extremisten in die Hände spiele.
Die Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder, eine der größten Glaubensgemeinschaften im überwiegend säkularen Tschechien, äußerte sich kritisch gegenüber der Politik: "Tschechien fehlen moralische Autoritäten in der Politik, die in der Lage wären, den Menschen zu erklären, dass man den Flüchtlingen helfen muss", hieß es in einer Erklärung des Synodalrats. Wenn jemand in Not gerate, müsse man helfen und "nicht in erster Linie überlegen, wie man solche Menschen loswird und sie aus dem Land vertreibt".