Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) ist aufgrund einer Studie zur Religionszugehörigkeit in Ostdeutschland in die Kritik geraten. Unter Berufung auf die Untersuchung hatte der Sender am vergangenen Sonntag angegeben, dass in Weimar der Anteil Konfessionsloser unter allen deutschen Städten und Gemeinden mit 94,1 Prozent am größten sei.
Dem widersprachen der evangelische Kirchenkreis Weimar und die katholische Pfarrgemeinde der Stadt unter Hinweis auf ihre statistischen Erhebungen. Demnach gehören 23,38 Prozent der evangelisch-lutherischen Kirche oder der römisch-katholischen Kirche an.
Quelle: Zensus von 2001
Pfarrer Timo Gothe von der katholischen Herz-Jesu-Gemeinde bestätigte am Freitag auf Anfrage: "In Weimar leben 4.273 Katholiken und 11.054 evangelisch-lutherische Christen, das sind 6,51 Prozent plus 16,87 Prozent der Bevölkerung." Hinzu kämen noch die freikirchlichen Protestanten und die orthodoxen Christen. Damit ist in der rund 64.000 Einwohner zählenden Stadt rund jeder vierte Bürger ein Christ.
Der MDR erklärte auf Anfrage, er sehe keinen Grund, die Korrektheit der von ihm verbreiteten Daten zu bezweifeln. Die Pressestelle teilte mit: "In der angesprochenen Datensammlung ging es um die Kirchenmitgliedschaft auf einer möglichst kleinräumlichen Ebene. Die Zensusdaten von 2011 stellen hier die aktuellste Quelle dar."
Verschiedene Zahlen in Umlauf
Laut Zensus gehörten in der kreisfreien Stadt Weimar im Jahr 2011 jedoch nur 69,2 Prozent der Bevölkerung keiner Religionsgemeinschaft an, also rund 25 Prozentpunkte weniger als vom MDR angegeben. Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden bestätigte auf Anfrage, dass ihm flächendeckend auf Gemeindeebene keine neueren Daten vorlägen als die beim Zensus erhobenen. Aktuelleres Datenmaterial über die Religionszugehörigkeit beziehe das Bundesamt jeweils über die Kirchenbuchämter der beiden großen Kirchen. Demnach sind im Fall Weimars offenbar unterschiedliche Angaben des Zensus veröffentlicht worden.
Der MDR hatte das Ergebnis seines datenjournalistischen Projektes anlässlich der laufenden ARD-Themenwoche "Woran glaubst Du?" veröffentlicht. Der Sender stellte dabei einen regionalen Zusammenhang her zwischen der Anzahl der Kirchenmitgliedern sowie der Frauenbeschäftigungsquote, dem ehrenamtlichen Engagement, der Anzahl der Suizide und Teenagerschwangerschaften sowie der Anzahl an Arbeitslosengeld-Empfängern (SGB II). Die "Thüringer Allgemeine" kritisierte unterdessen angesichts der Datenlage die Verknüpfung von Konfessionslosigkeit und Anzahl der Hartz-IV-Bezieher als "leichtfertig".