Kirchenexperten: Weltweit fehlt Sensibilität für Missbrauch

Forderung nach Bewusstseinswandel

Das Thema sexueller Missbrauch von Kindern ist nach Einschätzung katholischer Experten in vielen Ländern der Welt noch nicht angekommen. Jesuitenpater Hans Zollner forderte einen Bewusstseinswandel.

Pater Hans Zollner / © Katharina Ebel (KNA)
Pater Hans Zollner / © Katharina Ebel ( KNA )

In Afrika, Lateinamerika oder Asien müsse noch viel geschehen, sagte Zollner, Präsident des internationalen Kinderschutzzentrums der Päpstlichen Gregoriana-Universität am Freitag vor Journalisten in Aachen. In Afrika etwa würden trotz Verboten nach wie vor 10- oder 12-jährige Mädchen weiterhin verheiratet.

Zollner plädierte für eine langfristige Einstellungsänderung durch Erziehung in Gesellschaft und Kirche. "Das ist ein Generationenauftrag", so der Jesuit. In diesem Zusammenhang lobte er besonders die Arbeit der in Aachen ansässigen Hilfswerke missio und des Kindermissionswerks "Die Sternsinger".

"Besondere Verantwortung"

Dessen Präsident Klaus Krämer sagte, dass 110 von 2.300 Sternsinger-Projekten explizit unter dem Thema Kinderschutz liefen. Zudem mache das Missionswissenschaftliche Institut Missio (MWI) derzeit 200 kirchliche Führungskräfte aus Afrika und Asien über ein Stipendiatenprogramm mit der Missbrauchs-Problematik vertraut.

Das Kindermissionswerk habe eine besondere Verantwortung für das Thema, sagte Krämer. Für seine Projektarbeit habe es Leitlinien in Anlehnung an die Vorgaben der Deutschen Bischofskonferenz entwickelt, die bei den sozialen und pastoralen Förderprojekten vor Ort zur Auflage gemacht würden. Zollner, Mitglied der päpstlichen Missbrauchskommission, betonte die Möglichkeiten katholischer Institutionen wie Schulen oder Kinderheime in Lateinamerika, Asien oder Afrika im Kampf gegen Missbrauch.

"Kirche hat Konsequenzen gezogen"

Der Psychologe wies darauf hin, dass in Deutschland nach Bekanntwerden des kirchlichen Missbrauchsskandals vor sechs Jahren die Sensibilität für sexuelle Gewalt gewachsen sei. Anderswo habe die Kirche diese "harte Schule" noch vor sich. Wo aber die Bistümer wie in der Bundesrepublik oder den USA Vorbeugemaßnahmen ergriffen hätten, habe es keine neuen Fälle mehr gegeben. Von außen werde der deutschen Kirche inzwischen ein konsequenter Umgang mit der Problematik attestiert.

Laut Zollner haben bislang 95 Prozent der Bischofskonferenzen weltweit nach dem Willen des Vatikan Missbrauchs-Leitlinien erlassen. Solche Vorgaben fehlten noch in den französischsprachigen Ländern Westafrikas wie Mali oder dem Senegal, wo Krisen wie Bürgerkriege oder Seuchen als drängender erlebt würden.


Quelle:
KNA