Kirchenforum will Kontrapunkt zu Rechtspopulismus setzen

Gegen den Hass

Was ist da eigentlich passiert? Die AfD zieht als drittstärkste Kraft in den Bundestag ein. Wo steht die deutsche Politik damit im Vergleich zum Rest Europas? Die BAG K+R sucht Antworten.

Was tun gegen Rassismus in der Gesellschaft? / © Arno Burgi (dpa)
Was tun gegen Rassismus in der Gesellschaft? / © Arno Burgi ( dpa )

domradio.de: "Gegen den Hass - Die Kirchen in der Auseinandersetzung mit Rechtspopulismus" - so heißt das Forum, zu dem Sie am Freitag und am Samstag in Magdeburg einladen. In einer Zeit, in der rechtspopulistische Parteien wie die AfD Hochkonjunktur haben. Wie wollen Sie da gegensteuern?

Henning Flad (Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus – aktiv für Demokratie und Menschenrechte): Erst einmal geht es bei der Veranstaltung um eine Bestandsaufnahme. Was ist da eigentlich passiert? Wir schauen dabei nicht nur auf Deutschland und das deutsche Bundestagswahlergebnis, sondern auch auf Europa. Wir wollen mit der Veranstaltung Menschen ansprechen, die im Bereich der Kirche, aber auch in zivilgesellschaftlichen Organisationen tätig sind. Und die sich besonders mit Themen wie Rechtspopulismus, Neonazismus oder auch gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, also Rassismus oder Antisemitismus, regelmäßig befassen. Es geht darum, miteinander ins Gespräch zu kommen und den Austausch zu fördern.

domradio.de: Sie sagen, der Rassismus sei fest in unserer Gesellschaft verankert und um so wichtiger sei es, dass die Kirchen sich ganz klar dagegen positionieren. Vor der Wahl haben sich viele Bischöfe ziemlich klar zu Wort gemeldet und gesagt: Rassismus und Christentum ist nicht vereinbar. Warum hat das nicht gereicht?

Flad: Vielleicht hat es was gebracht. Und wenn sie es nicht gemacht hätten, wäre das Wahlergebnis bestimmt noch unangenehmer ausgefallen. Wir müssen einfach davon ausgehen, dass ein Teil der Gesellschaft rassistisch denkt. Mehrere Studien haben das immer wieder bestätigt. Das ist jetzt nach der Wahl noch mal sichtbarer geworden. Aber das bedeutet nicht, dass der Rassismus in der Gesellschaft vor der Bundestagswahl nicht vorhanden gewesen wäre. Natürlich haben die Kirchen die Aufgabe, dagegen anzureden und davon zu überzeugen, dass andere Sichtweisen auf die Welt besser sind - und vor allem auch christlicher. Aber wir wollen die Macht der Kirchen auch nicht überschätzen.

domradio.de: Der Bamberger Erzbischof Schick zum Beispiel wurde von rechtspopulistischer Seite hart für seine Aussagen vor der Wahl angegangen. Mitglieder der AfD rufen offen zum Kirchenauftritt auf. Wie sollten die christlichen Kirchen damit umgehen?

Flad: Einerseits haben die Kirchen die Aufgabe, klar Stellung zu beziehen und immer wieder zu betonen, dass Rassismus nicht unwidersprochen bleiben darf. Gleichzeitig muss die Kirche aber auch gesamtgesellschaftlich Kraft der Versöhnung sein, um ein Papier des Rates der EKD zu zitieren. Das heißt, wir müssen zivil, sachlich und höflich sein, aber in der Sache klar.

domradio.de: Die Kirchen engagieren sich für Flüchtlinge; vor allem ganz viele Menschen an der Basis. Wie sehr trifft die Kritik der Rechtspopulisten gerade jedes einzelne Gemeindemitglied in der Flüchtlingshilfe?

Flad: Das ist was, dass sicherlich viele betrifft, die im kirchlichen Raum irgendwie in der Flüchtlingsunterstützung tätig sind. Viele berichten von Bedrohung oder dass sie beschimpft werden; auch im privaten Raum. Diese Helfer nehmen in besonderer Weise die Polarisierungen in der Gesellschaft wahr.

domradio.de: Religiöse Menschen haben eher Hemmungen die AfD zu wählen. Das zeigt gerade eine aktuelle Untersuchung des Soziologen Richard Hilmer. Wie erklären Sie sich das?

Flad: Ich weiß nicht, ob man das so verallgemeinernd sagen kann. Zwei Dinge: Das eine ist, dass im AfD-Milieu immer vom christlichen Abendland die Rede ist - was aber eigentlich mehr eine Parole ist als, dass es Substanz hätte. Diejenigen, die vom christlichen Abendland reden, waren in aller Regel seit Jahren in keiner Kirche mehr. Und es ist kein Zufall, dass die AfD besonders hohe Zustimmung in den Teilen des Landes erfährt, die wenig kirchlich geprägt sind. Das Zweite ist: In den letzten zwei, drei Jahren ist das kirchliche Leben besonders sichtbar von der Unterstützung für Geflüchtete geprägt. Das beschäftigt stark quasi flächendeckend das Gemeindeleben in Deutschland.

domradio.de: Haben Sie denn eine reale Hoffnung, dass wir Rassismus und Ausgrenzung dauerhaft besiegen können?

Flad: Was wir nicht schaffen können, ist Rassismus und Ausgrenzung aus der Welt zu bekommen. Aber wir können versuchen, es einzugrenzen. Da darf man aber auch nicht völlig unrealistische Ziele stecken und glauben allmächtig zu sein. Wesentlicher ist, dass wir jetzt das Richtige tun. Und nicht zuallererst nur nach dem Erfolg zu fragen. Als Initiative wie die "Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus – aktiv für Demokratie und Menschenrechte" sollte man nicht der Meinung sein, dass die Rettung der Welt von einem abhänge.

Das Interview führte Hilde Regeniter.


Quelle:
DR
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