Kirchenhistoriker zu den "Stasi-Enthüllungen" um den heutigen Papst

Im Osten nichts Neues

Der MDR berichtete am Wochenende über die Stasi-Bespitzelung Joseph Ratzingers, des heutigen Papst Benedikt XVI., seit den 1970er Jahren. "Das ist nichts Neues", sagt Kirchenhistoriker Josef Pilvousek gegenüber domradio.de. Eine Information sei sogar falsch recherchiert worden.

In jungen Jahren: Prof. Joseph Ratzinger (KNA)
In jungen Jahren: Prof. Joseph Ratzinger / ( KNA )

Laut Bericht der ARD-Anstalt von Sonntagabend (11.09.2011) hat die DDR-Staatssicherheit (MfS) auch in den Dienstgesprächen mit zwei Generalsekretären der Berliner Bischofskonferenz der katholischen ostdeutschen Bischöfe Erkundigungen eingezogen. Einer der beiden Beschuldigten sei inzwischen jedoch nachweislich entlastet, so Pilvousek von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt.



Grundsätzlich sei fast jeder hochrangige Bürger aus dem Westen in den Blick der Stasi geraten, so der Theologe weiter: "Vor allem Kirchenvertreter. Die Kirche galt in der DDR als Hort des Kapitalismus. Und Joseph Ratzinger war neben Karl Rahner der berühmteste Theologe zu der Zeit. "



Das MfS interessierte sich laut MDR-Bericht bei einem Thüringenbesuch schon im Jahr 1974 für den damaligen Theologieprofessor, habe damals jedoch keine geeigneten Informanten gehabt. Mit wachsender Bedeutung Ratzingers in der katholischen Kirche habe jedoch die Auslandsabteilung der Staatssicherheit die Beobachtung übernommen und mindestens ein Dutzend Inoffizielle Mitarbeiter auf ihn angesetzt.



Der Papst kommt nach Thüringen

So gaben laut MDR zwei DDR-Universitätsprofessoren Berichte über Ratzinger ab. Unter den Spitzeln aus der Bundesrepublik waren ein Benediktinerpater aus Trier und mehrere Journalisten. Nach MDR-Recherchen gibt es auf mehreren hundert Seiten Informationen des MfS über Ratzinger, die allerdings wenig aussagekräftig seien. Die einzelnen Berichte seien fast vollständig gelöscht worden. Erhalten seien nur registerartige Karteien mit grundlegenden Informationen über Autor und Anlass der Informationssammlung.



Die Recherchen der Journalisten hätten ihn verwundert, so Kirchenhistoriker Pilvousek. Fast alle Fakten seien seit vielen Jahren bekannt. Anlass für das Interesse der Journalisten sei wohl der bevorstehende Deutschland-Besuch des Papstes, vermutet der Theologieprofessor. Wenn Benedikt XVI. am 23. Und 24. September nach Thüringen kommt, berichtet der MDR live. Mit kommentieren wird dann auch Josef Pilvousek.