Kirchenmusiker sucht Pfeifen-Paten für neue Orgel

Hoffnung nach dem Brand

Die Pfarrkirche in Wissen wurde durch einen Brandanschlag 2023 schwer beschädigt, der Hochaltar zerstört, die Orgel unbrauchbar. Kirchenmusiker Auel möchte durch eine besondere Spendenaktion die Orgel wieder zum Klingen bringen.

Blick auf den zerstörten Hochaltar in der Pfarrkirche Wissen beim Solidaritätsbesuch von Kölns Weihbischof Ansgar Puff im Februar 2023. / © Jelen (Erzbistum Köln)
Blick auf den zerstörten Hochaltar in der Pfarrkirche Wissen beim Solidaritätsbesuch von Kölns Weihbischof Ansgar Puff im Februar 2023. / © Jelen ( Erzbistum Köln )

DOMRADIO:DE: Der Brandstifter wurde zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, es gibt einen Millionenschaden in der Kirche. Auch die Fresken des Künstlers Peter Hecker sind betroffen, völlig zerstört ist der barocke Hochalter und die Hauptorgel ist unbrauchbar geworden. Nehmen Sie uns mal gedanklich mit in die Kirche Kreuzerhöhung in Wissen. Wie sieht es nach dem Brand in etwa aus? 

Andreas Auel (privat)

Andreas Auel (Seelsorgebereichsmusiker "Obere Sieg" und Mitinitiator Patenschafts-Aktion "Klangstifter werden"): Auf den ersten Blick sieht man die Veränderungen noch nicht ganz, denn die Kirche ist nach wie vor komplett eingerüstet. Das hat man nach dem Brand sofort gemacht, weil man festgestellt hat, dass das Fresko an der Decke sich gelöst hat. Ein kleiner Teil ist ja auch heruntergefallen. Und weil man nicht wusste, wie sich während der Restaurierungsmaßnahme die Decke verhält, hat man zur Vorsichtsmaßnahme die ganze Kirche eingerüstet. Das Gerüst steht immer noch in der kompletten Kirche. 

Die Decke ist so gut wie fertig gelasert, das heißt der Ruß ist aus dem Fresko entfernt worden. Und die Restauratoren sind gerade dabei, die erneuerten Stellen zu retuschieren, sodass man anschließend keinen Farbunterschied mehr sieht. In Kürze wird die Deckenrestauration abgeschlossen sein. Parallel fangen die Maler schon an, die Wände wieder zu weißen. Das ist aber ein bisschen schwieriger, weil der Ruß, der sich in die Wand reingesetzt hat, immer wieder zu Ausblühungen führt. Deswegen muss mehrmals gestrichen werden, damit es deckend ist. 

Die Elektriker haben schon neue Leitungen angezogen und die Lampen ausgetauscht. Das ist in etwa der Fortschritt dieses Jahres. Es war eigentlich noch länger angedacht. Das Reinigen mit dem Laser hat aber sehr gut funktioniert, sodass es schneller ging als gedacht. 

DOMRADIO:DE: Bei dem Brand ist auch die Orgel schwer beschädigt worden. Wie alt war denn die Orgel? Und was wird denn aus dem historischen Gehäuse? 

So sah die Orgel vor dem Brandanschlag aus / © Andreas Auel (privat)
So sah die Orgel vor dem Brandanschlag aus / © Andreas Auel ( privat )

Auel: Die Orgel war ein zusammengesetztes Instrument aus verschiedenen Zeiten. Das Wertvollste an der Orgel ist das Gehäuse. Das ist von 1793. Und das ist damals mit acht Registern aus der Franziskanerkirche Attendorn verkauft worden. Die Nachbargemeinde hat das Instrument gekauft. Das heißt, die Orgel hat eigentlich nie komplett irgendwo gestanden, sondern im Bau ist sie schon verkauft worden. 

Man hat dann im Jahr 1849 Pfeifen aus der Wetzlarer Domorgel gekauft und die zu den acht Registern dazugestellt. Dann ist die Orgel 1912 noch einmal groß umgebaut worden, sodass sie damals 39 Register hatte. 1912 wurde die Orgel auch elektrifiziert. Das heißt, man hat aus einer mechanischen eine elektrische Orgel gemacht. Die Spieltraktur hat also die Signale über Kabel weitergegeben. Und 1973, nach einer ziemlich langen, störanfälligen Zeit, hat Orgelbau Breil aus Dorsten in Westfalen das jetzige Instrument zusammengebaut, auch wieder aus den Pfeifen der Vorgängerinstrumente. 

Andreas Auel

"Das Gehäuse der Orgel kann jetzt nach dem Brand wiederhergestellt werden." 

Dann wurde die Orgel wieder mechanisiert und es wurde ein Rückpositiv in die Disposition eingefügt, sodass die Orgel dann drei Manuale und 32 Register hatte. Das Gehäuse kann jetzt nach dem Brand wiederhergestellt werden. Das ist zwar an vielen Stellen gerissen und die Farbe ist abgeplatzt, sie hat aufgrund der Hitze auch Beulen geworfen. Aber das kriegen die Restauratoren wieder hin, sodass das wertvolle Hauptwerk-Gehäuse die Kirche auf jeden Fall nicht verlassen muss. Darüber sind wir sehr glücklich.

DOMRADIO:DE: Die Versicherung bezahlte den Großteil der neuen Orgel. Für den Eigenteil von 64.000 Euro wollen Sie Spenderinnen und Spender gewinnen, sogenannte Klangstifter. Ab wie viel Geld ist man dabei und wie wird man Spender? 

Andreas Auel

"Der kleinste Betrag, den es bei uns als Pfeifenpatenschaft gibt, beginnt bei 25 Euro."

Auel: Da wir ja "nur" 64.000 Euro für das große Instrument sammeln müssen, haben wir relativ kleine Beträge angesetzt. Der kleinste Betrag, den es bei uns als Pfeifenpatenschaft gibt, beginnt bei 25 Euro. Dann geht es in 25er Schritten rauf bis zur größten Pfeife. Für die muss man 500 Euro spenden. Klangspender kann man werden, indem man einfach auf der Internetseite der Pfarrei den Button "Neue Orgel" anklickt. Da gibt es Bestellformulare. Insgesamt sind das 672 Pfeifen, und da kann jeder frei wählen. 

Es gibt auch eine Urkunde über den Paten-Ton, als Nachweis, dass man Pate über eine bestimmte Pfeife ist. Wenn die Orgel wieder spielfertig ist, werden alle Paten eingeladen, damit sie die Orgel exklusiv als erstes sehen und hören können. 

DOMRADIO:DE: Wann beginnt denn der Einbau der neuen Orgel und wie viel anders wird sie sein als die alte Orgel, die jetzt so stark beschädigt wurde? 

So könnte die erneuerte Orgel in der Pfarrkirche Wissen aussehen. / © A. Auel/Illustration: P.J Steinke
So könnte die erneuerte Orgel in der Pfarrkirche Wissen aussehen. / © A. Auel/Illustration: P.J Steinke

Auel: Zuerst einmal muss die alte Orgel raus, das heißt, die ist nach dem Brand relativ schnell eingehaust worden in einen Holzkasten, damit die Gerüstbauer keine weiteren Beschädigungen aus Versehen an ihr vollziehen können. 

Im Moment ruht das Projekt, weil durch die Gerüste ein Ausbau der Orgel gar nicht möglich ist. Wenn die Gerüste also rauskommen, wird die Orgel erst mal ausgebaut, sodass nur noch das leere Gehäuse dasteht. Dann kann die Restauratorin, die das Gehäuse restauriert, ihre Arbeit machen. Parallel dazu wird natürlich die Orgelbaufirma Weimbs aus Hellenthal anfangen, das Innenleben der Orgel wieder neu zu bauen. Das wird sehr wahrscheinlich im nächsten Jahr im Sommer oder Herbst in der Orgelwerkstatt sein. Das wird sich ein halbes Jahr hinziehen. Dann wird die Firma schätzungsweise im Frühjahr 2026 bei uns in der Kirche anfangen, die Orgel einzubauen. 

Die Intonation der 33 Register dauert ja auch ein paar Wochen, sodass wir jetzt schon mal angedacht haben, im Herbst, vielleicht sogar mit viel Glück genau am Fest Kreuzerhöhung, also am 14. September, die Orgel einzuweihen - das wäre der gleiche Tag, den die alte Orgel auch als Weihetag hatte. Sie hätte ein halbes Jahr nach dem Brand ihren 50. Geburtstag gefeiert. 

DOMRADIO:DE: Das wurde dann leider durch den Brandanschlag verhindert. Wie geht denn anderthalb Jahre nach dieser Attacke die Gemeinde damit um? 

Andreas Auel

"Der Schock sitzt eigentlich immer noch tief, weil die Leute  nicht verstehen können, warum jemand so etwas macht, warum jemand gerade ihre Kirche angezündet hat."

Auel: Man wird natürlich immer darauf angesprochen und gefragt: Gibt's was Neues? Die Leute sind wirklich interessiert an ihrer Pfarrkirche. Der Schock sitzt eigentlich immer noch tief, weil die Leute nicht verstehen können, warum jemand so etwas macht, warum jemand gerade ihre Kirche angezündet hat. Und deswegen ist die Anteilnahme der Bevölkerung sehr groß. 

DOMRADIO:DE: Wenn alles gut geht wird die Kirche in einigen Jahren neu eröffnet und die Orgel erklingt dann zum ersten Mal: Wie wichtig wird das für die Stadt Wissen und auch für die Pfarrei sein? 

Auel: Wissen liegt in einem Talkessel der Sieg und rein optisch ist die Pfarrkirche der zentrale Mittelpunkt. Es gibt ganz viele Bilder, bei denen diese große rosafarbene Barockkirche im Zentrum ist. Und so wie die Kirche das kulturelle und religiöse Zentrum ist, so ist natürlich auch die Orgel in der Kirche ein musikalisches Zentrum, denn es gibt kaum einen Gottesdienst ohne Orgelmusik. Die meisten sind mit der Orgel aufgewachsen, die wenigsten kannten noch die Vorgängerorgel. Deswegen sind die Leute froh, wenn die Orgel wieder erklingt. 

Andreas Auel

"Denn das werde ich auch ganz oft gefragt: Wann können wir denn wieder mit der großen Orgel rechnen? "

Denn das werde ich auch ganz oft gefragt: Wann können wir denn wieder mit der großen Orgel rechnen? Wir haben zwar für den Übergang noch unsere kleine Chororgel, die den Brand recht gut überstanden hat. Aber das ist natürlich kein Vergleich. Denn wir haben eine große Kirche mit 500 Sitzplätzen, und da braucht man eine große Orgel, um die beschallen zu können. 

Screenshot zum Klangstifterprojekt für die neue Orgel des katholischen Kirchengemeindeverband "Obere Sieg“ / © Kirchengemeindeverband "Obere Sieg“
Screenshot zum Klangstifterprojekt für die neue Orgel des katholischen Kirchengemeindeverband "Obere Sieg“ / © Kirchengemeindeverband "Obere Sieg“

Das Interview führte Mathias Peter.

 

Quelle:
DR