Im Südsudan ist die Stimmung mit Blick auf das Unabhängigkeitsjubiläum am Samstag getrübt. "Das einzige, was wir feiern, ist, dass wir jetzt einen eigenen Pass und einen Staat haben", sagte der Vorsitzende des Südsudanesischen Kirchenrates, James Oyet Latansio, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Allerdings habe die jüngste Nation der Welt seit ihrer Abspaltung vom Sudan am 9. Juli 2011 kaum Entwicklung durchlebt - darüber dürften dem katholischen Priester zufolge auch die Feiern in der Hauptstadt Juba nicht hinwegtäuschen.
Kurz nach Erlangung der Unabhängigkeit hatten Südsudans Präsident Salva Kiir Mayardit und Vizepräsident Riek Machar ihre verfeindeten Truppen in einen Bürgerkrieg geschickt. Bei dem fünf Jahre dauernden Konflikt starben etwa 400.000 Menschen. Millionen Südsudanesen befinden sich bis heute auf der Flucht. "Wenn ich auf die vergangenen elf Jahre zurückblicke, gibt es im Grunde nichts zu feiern", so Kirchenvertreter Oyet. "Menschenrechte werden verletzt, Menschen getötet, und niemand unternimmt etwas."
Dies gelte selbst für die Zeit, nachdem die Bürgerkriegsgegner 2020 erneut eine gemeinsame Übergangsregierung formten. Immer noch gibt es bei Viehdiebstählen und Kämpfen zwischen Volksgruppen regelmäßig Tote. UN-Vertreter verurteilten die Gewalt Ende Juni bei einer Sitzung des Weltsicherheitsrates.
"Ihr Bestes getan"
Weiter erklärte der katholische Geistliche, Südsudans Kirchen hätten "ihr Bestes getan", um den Frieden voranzutreiben. "Dann gibt es aber auch jene Kirchenvertreter, die sagen: Das Blut unseres Stammes ist dicker als Weihwasser", sagte Oyet mit Blick auf ethnische Spannungen in der Gesellschaft. Der ökumenische Kirchenrat helfe seinen Mitgliedern, Versöhnung innerhalb und außerhalb der Kirchen zu fördern. Dabei geht die katholische Kirche laut Oyet mit gutem Beispiel voran. Sie sei zwar ebenfalls "nicht perfekt", jedoch gehörten ihr alle im Land lebenden Ethnien an. Priester, Bischöfe und Ordensleute aus verschiedenen Volksgruppen lebten in Frieden zusammen.
Derzeit hätten sich Papst Franziskus, das Ehrenoberhaupt der anglikanischen Kirche, Erzbischof Justin Welby von Canterbury, und der Moderator der presbyterianischen Kirche Schottlands, Iain Greenshields, zu einer "Friedenspilgerreise" im Südsudan aufhalten sollen. Der Besuch musste jedoch wegen gesundheitlicher Probleme des Papstes verschoben werden. Franziskus hat statt seiner Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin entsandt.